Wien (Reuters) - Die Russland-Geschäfte der Raiffeisen Bank International (RBI) sorgen nun auch in Teilen der österreichischen Regierung für Kritik.
Die Grünen, der Junior-Koalitionspartner der konservativen Volkspartei (ÖVP), haben eine parlamentarische Anfrage zur RBI an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) eingebracht, wie die Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli am Donnerstag im ORF-Radio sagte. "Wir Grüne halten das geschäftliche Treiben der Raiffeisen Bank in Russland doch für sehr gravierend", sagte die bei den Grünen für Finanzen zuständige Politikerin. "Wir denken, da ist potentieller Schaden da für den Finanzplatz, für den Wirtschaftsplatz in Österreich". Vom Finanzministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Die genossenschaftliche Raiffeisenbanken-Gruppe gilt als Hausbank der ÖVP. Die RBI ist seit fast 30 Jahren in Russland tätig und hält auch ein Jahr nach Kriegsausbruch in der Ukraine an ihren Geschäften fest. Bei Anfragen hält sich das Institut stets wortgleich an die Formulierung, man prüfe alle Optionen bis hin zu einem Ausstieg. Eine Entscheidung ist nicht in Sicht.
Die Grünen-Abgeordnete verweist darauf, dass die RBI von den wirtschaftlichen Sanktionen gegen russische Kreditinstitute und dem Ausstieg anderer westlicher Banken profitiere. Zudem könnte die Bank die Geschäfte mit Russland noch weiter ausbauen. Laut einem Bericht des Magazin "Falter" ist die RBI an den Resten der Europatochter der russischen Sberbank interessiert. Diese Bank mit Sitz in Wien geriet nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine aufgrund massiver Geldabflüsse in Schieflage. Der Geschäftsbetrieb wurde untersagt und die Bank abgewickelt. Durch den Verkauf von Vermögenswerten, etwa von Kreditportfolios, wurde eine Insolvenz abgewendet und die Gläubiger bedient. Reste des Bankgeschäfts sind aber noch übrig. Dem Bericht zufolge habe die RBI den Wirtschaftsprüfer pwc und die Rechtsanwaltskanzlei Baker McKenzie beauftragt, Due-Dilligence-Prüfungen für das verbliebene Restgeschäft durchzuführen.
Dieser mögliche Kauf sorgt bei den Grünen für Unverständnis: "Die Sberbank wird vom russischen Staat kontrolliert und ist damit auch mit Sanktionen belegt. Wir glauben, dass das keine sichere Bank ist", sagte Tomaselli. Das Finanzministerium und die Finanzmarktaufsicht (FMA) sollen prüfen, welchen potentiellen Schaden das Russland-Geschäft der RBI auslösen könnte. "Ich denke, dass es nicht im Sinne der Raiffeisen Bank ist, deren genossenschaftlichen Eigentümern und auch nicht im Sinne des Finanzplatz- und Wirtschaftsplatzes Österreich, wenn die RBI die Geschäfte mit Russland sogar ausweitet", so die Abgeordnete.
Bei der ÖVP hält man sich hingegen bedeckt. "Man muss jetzt einmal die Fakten anschauen und die Hintergründe aufklären", sagte Europa-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Klar sei aber, Österreich stehe zu den Sanktionen, so die Ministerin.
Die RBI, die wegen ihrer Russland-Geschäfte bereits im Visier der US-Sanktionsbehörde ist, dementiert den Bericht nicht. "Nach unserem Wissensstand hat die Oesterreichische Nationalbank als zuständige Sanktionsbehörde die Einleitung einer 'Due Diligence' zur Evaluierung und Vorbereitung eines möglichen Kaufs der Anteile an der Sberbank Europe AG in Abwicklung genehmigt. Dies nach der Maßgabe, dass der angestrebte Verkauf von Anteilen an der Sberbank Europe AG in Abwicklung in Einklang mit deren Abwicklungsplan zu stehen habe", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Jede allfällige Transaktion würde die Bank vorab mit allen Regulierungs- und Sanktionsbehörden abstimmen. Darüber hinaus will die Bank den Verkaufsprozess nicht weiter kommentieren. Erst Anfang Februar sagte Bankchef Johann Strobl auf der Jahrespressekonferenz: "wir beschäftigen uns jetzt nicht mit Akquisitionen".
Die Finanzmarktaufsicht erklärte, sie sei für die Sberbank Europa nicht mehr zuständig, seit das Institut keine Banklizenz mehr habe. Die RBI gilt als systemrelevante Bank und unterliegt der Aufsicht der Europäischen Zentralbank. Zuständig für die Reste der Sberbank Europe ist die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst im Innenministerium. Eine Anfrage von Reuters dort blieb zunächst unbeantwortet.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)