Reuters

In Israel Widerstand im Regierungslager gegen Justizreform

24.03.2023
um 07:32 Uhr

Jerusalem (Reuters) - In Israel hält Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trotz Widerstands in den eigenen Reihen an der umstrittenen Justizreform fest.

Er sei entschlossen, mit der Reform fortzufahren, sagte der Regierungschef am Donnerstag. Zuvor soll Verteidigungsminister Joaw Gallant ihn nach Medienberichten aufgefordert haben, das Vorhaben abzubrechen. "Wir können nicht zulassen, dass ein Streit unsere gemeinsame Zukunft gefährdet", sagte Netanjahu bei einer eigens wegen der Berichte einberufenen Pressekonferenz weiter. "Ich werde alles tun, um die Situation zu beruhigen und Zusammenhalt zu schaffen."

Zuvor hatte Netanjahu Gallant zu einem klärenden Gespräch einbestellt. Danach erklärte der Verteidigungsminister, er habe den Regierungschef über die Auswirkungen der Reform auf die nationale Sicherheit informiert. Weitere Stellungnahmen gab er zunächst nicht ab. Netanjahu und Gallant gehören der Likud-Partei an. Der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir von der rechtsextremen Partei Jüdische Stärke, erklärte: "Joaw Gallant hat sich selbst außerhalb des rechten Lagers gestellt." Der Oppositionsführer Jair Lapid rief "verantwortliche Mitglieder" der Likud-Partei auf, gegen die Justizreform zu rebellieren.

Auch am Donnerstag waren wieder Zehntausende Israelis auf die Straße gegangen, um gegen die von Netanjahu vorangetriebenen Änderungen zu protestieren. Die Polizei gab Dutzende Festnahmen bekannt und setzte in Tel Aviv Wasserwerfer ein.

Im Mittelpunkt der Reform steht das Verfahren zur Auswahl der Richter. Die Regierung will ihren Einfluss dabei stärken und die Befugnisse des Obersten Gerichtshofs einschränken. Sie begründet dies mit dem Vorwurf, Richter hätten sich in die Politik eingemischt. Kritiker werfen der Regierung aus Konservativen, religiösen Fundamentalisten und ultrarechten Nationalisten dagegen vor, die Unabhängigkeit der Justiz einschränken zu wollen. Nach ihrer Darstellung steht die Demokratie auf dem Spiel. Am Donnerstagmorgen ratifizierte das Parlament ein Gesetz, das eine Absetzung des Ministerpräsidenten erschwert. Auch diese Änderung war umstritten.

(Bericht von Henriette Chacar; Geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)