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Trotz US-Investitionen - VW will auch in China punkten

04.05.2023
um 12:27 Uhr

- von Jan Schwartz

Hamburg (Reuters) - Volkswagen setzt in einer zunehmend polarisierten Welt stärker auf die USA, will seine führende Position in China dadurch aber nicht verlieren.

"Volkswagen wird weiter entschlossen in seine weltweit wichtigsten Wachstumsregionen investieren", betonte Finanzchef Arno Antlitz am Donnerstag bei der Präsentation der Quartalszahlen. Europas größter Autokonzern mit inzwischen rund 677.000 Beschäftigten und mehr als 100 Werken rund um den Globus nutzt die massiven Anreize in Nordamerika für Investitionen in klimaschonende Mobilität und stampft in Kanada eine große Batteriezellfabrik aus dem Boden. Im US-Bundesstaat South-Carolina entsteht außerdem ein Werk für die elektrifizierte Geländewagenmarke Scout, mit dem die Wolfsburger auf dem zweitwichtigsten Pkw-Markt die Nischenrolle verlassen wollen.

Gleichzeitig stecken die Wolfsburger in China eine Milliarde Euro in ein neues Entwicklungszentrum für vernetzte Fahrzeuge. Die Niedersachsen haben den Trend zu solchen Autos in der Volksrepublik erst spät erkannt und wollen nun auf den fahrenden Zug aufspringen. Neue Wagen sollen stärker am Geschmack chinesischer Kunden ausgerichtet werden - "in China für China" lautet die Zauberformel. Die Entwicklung von Komponenten und die Beschaffung werden zusammengeführt, um die Entwicklungszeiten um rund 30 Prozent zu verkürzen. Chinesische Hersteller sind bereits so schnell und drängen westliche Hersteller auf dem weltgrößten Automarkt immer stärker in die Defensive.

"Wir sind überzeugt, dass wir in China weiter eine bedeutende Rolle spielen werden", wiederholte Antlitz das Mantra, mit dem sich der Konzern im zunehmenden Wettbewerb Mut zuspricht. Volkswagen sei bei E-Autos im Reich der Mitte nicht schnell genug aus dem Startblöcken gekommen, hole inzwischen aber auf. Zu Jahresbeginn hat VW dort Boden verloren. Einen deutlichen Rückgang der Auslieferungen in China machte der Konzern durch kräftige Zuwächse in Nordamerika und Westeuropa wett. Weltweit übergab der Mehr-Markenkonzern gut zwei Millionen Autos, Lastwagen und Busse an Kunden, 7,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

"VIELVERSPRECHENDER START" INS GESCHÄFTSJAHR

Die Erholung in Europa und den USA ließ das bereinigte Betriebsergebnis um 35 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro anschwellen. Der Umsatz kletterte um mehr als ein Fünftel auf 76 Milliarden Euro. Damit hat Volkswagen bereits ein Viertel der geplanten Erlöse eingefahren, die sich der Konzern für das Gesamtjahr mindestens vorgenommen hat - die Messlatte liegt zwischen 307 und 321 Milliarden.

Einschließlich Sondereffekten aus der Absicherung gegen den Anstieg der Rohstoffpreise brach das Ergebnis jedoch um 31 Prozent ein. Im Vorjahr hatte Volkswagen durch die Bewertung von Sicherungsinstrumenten einen Buchgewinn von 3,5 Milliarden Euro ausgewiesen. Nun kehrte sich der Effekt wegen sinkender Rohstoffpreise um und Volkswagen verbuchte einen negativen Effekt von 1,3 Milliarden Euro. Den Ausblick für das laufende Jahr bekräftigte der Vorstand dennoch.

Die Rendite vor Bewertungseffekten lag in den ersten drei Monaten mit 9,3 Prozent oberhalb des für das Gesamtjahr angepeilten Korridors von 7,5 bis 8,5 Prozent. An der Prognose wollte Antlitz trotz des "vielversprechenden" Starts in das Geschäftsjahr nicht rütteln. Analysten hatten zumindest eine leichte Anhebung erwartet. Die Aktie verlor zunächst, legte später aber gegen den Trend etwas zu. Dazu trugen auch optimistische Aussagen zum zweiten Halbjahr bei, für das Antlitz ein "eindeutig positives" Absatzvolumen in Aussicht stellte. Gegen den zunehmenden Wettbewerb wappne sich der Konzern mit weiteren Produktivitätssteigerungen, sagte der Finanzchef. Die Auslieferungen sollen dank der besser laufenden Teileversorgung und voller Auftragsbücher um 15 Prozent auf 9,5 Millionen Fahrzeuge steigen - vorausgesetzt, die Konjunktur spielt mit.

MARKE VW HOLT AUF

Bei den Marken stach besonders die früher schwächelnde Volumengruppe mit VW, Skoda, Seat und der Transportersparte hervor. Ihr Ergebnis verdoppelte sich auf 1,7 Milliarden Euro. Bei der Markengruppe Premium mit Audi, Lamborghini, Bentley und dem italienischen Motorradhersteller Ducati und halbierte sich das operative Ergebnis dagegen wegen der Rohstoffabsicherungsgeschäfte. Die renditestarke Sportwagentochter Porsche zog mit einem operativen Gewinnplus von mehr als 25 Prozent eigene Kreise. Die Softwaretochter Cariad, in der die Software für die neuen Elektroautos entwickelt wird, verbuchte wegen hoher Anlaufkosten einen Verlust von 429 (Vorjahresminus 416) Millionen Euro.

(Weitere Reporter Victoria Waldersee und Christoph Steitz; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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