Paris (Reuters) - Der französische Autobauer Renault hält sich bei dem schon länger verfolgten Plan eines Börsengangs seiner neu geschaffenen Elektroautotochter Ampere eine Hintertür offen.
Die für 2024 angepeilte Börsennotierung bleibe die bevorzugte Option, doch Renault werde Ampere nicht verschenken, erklärte Finanzchef Thierry Pieton am Mittwoch. Kurz vor Beginn des Kapitalmarkttages, mit dem Renault zweifelnde Investoren von den Vorzügen eines Gangs aufs Parkett überzeugen will, sagte Konzernchef Luca de Meo, bei einer absehbar zu niedrigen Bewertung würde daraus nichts. "Wir sind doch nicht verrückt."
Wegen der sich abschwächenden Nachfrage nach E-Autos und wachsender Konkurrenz mit harten Preiskämpfen sehen viele Analysten den Plan kritisch. Insider hatten darauf verwiesen, dass de Meos angestrebte Bewertung von Ampere von acht bis zehn Milliarden Euro zu ambitioniert wäre. Sollte der erwartbare Börsenwert unter sieben Milliarden Euro liegen, werde Renault wahrscheinlich einen Rückzieher machen.
"ELEKTROMOBILITÄT DEMOKRATISIEREN"
Ampere sei die Antwort auf "Pure Player", also reine E-Autohersteller ohne Verbrenner-Erbe, aus dem Westen wie dem Osten, sagte Finanzchef Pieton. Renault wolle früher als Rivalen Elektroautos zum gleichen Preis wie Verbrenner anbieten. Bei kleineren Fahrzeugen solle dieses Ziel bereits in den kommenden beiden Jahren erreicht werden, bei größeren Autos sei es bis 2027 oder 2028 soweit. "Wir wollen Elektromobilität in Europa demokratisieren", sagte er. "Wir werden unsere Kosten reduzieren, um die Preise zu senken, und gleichzeitig die Margen verbessern." Derzeit kosten Elektroautos noch deutlich mehr als vergleichbare Verbrennerfahrzeuge. Das liegt vor allem an den Kosten für die Batterie, das teuerste Bauteil.
Nach Einschätzung der Analysten von UBS gehört Renault zu den europäischen Herstellern, die am stärksten der Konkurrenz aus China ausgesetzt sind. Frankreichs größter Autobauer hatte im vergangenen Jahrzehnt am noch sehr kleinen E-Automarkt die Nase mit den Kleinwagen Zoe und dem elektrischen Twingo vorn. Doch die Modelle sind veraltet, und der Mittelklassewagen Megane konnte nicht mal auf dem Heimatmarkt das Model Y von Tesla ausstechen. Bis Ende September verkaufte Renault fünf Prozent weniger E-Autos als im Vorjahreszeitraum. Die nächste Modellgeneration steht in den Startlöchern: Im kommenden Jahr kommen der Scenic und der R5 auf den Markt, der ebenso wie ein für 2025 geplanter R4 an historische Verbrennermodelle mit dem Rauten-Logo anknüpft.
KEIN ALTES EISEN
Renault präzisierte die kürzlich schon zur formellen Firmengründung genannten Ziele von Ampere: Bis 2025 soll der Umsatz auf zehn Milliarden Euro etwa verdreifacht werden. Bis 2031 soll der Erlös auf 25 Milliarden Dollar steigen. Schon 2025 soll die Sparte Geld verdienen, bis 2030 wird eine Gewinnmarge von zehn Prozent angepeilt. Finanzchef Pieton zufolge wäre Ampere auch aus Mitteln der Gruppe zu finanzieren, wenn ein Börsengang nicht genug einbrächte. Damit steht für die Analysten von Stifel Research etwa erst Recht die Sinnhaftigkeit einer Börsennotierung in Frage.
Mit der Trennung des aus Klimaschutzgründen schwindenden Verbrennergeschäfts vom Zukunftsprodukt E-Auto geht Renault einen Sonderweg. Die deutschen und andere europäische Autobauer bewahren sich Flexibilität, indem sie zum Beispiel beide Antriebsarten auf denselben Produktionslinien fertigen. So riskieren sie keine unterausgelasteten Produktionskapazitäten bei Elektro-Modellen sollte die Nachfrage nicht so schnell wachsen wie gedacht - so wie es im Moment der Fall ist. So lange ein Elektroauto für die Masse der Käufer noch nicht erschwinglich ist, soll das Verbrennerauto zudem nicht als altes Eisen abgestempelt werden, indem es in eine automobile "Bad Bank" ausgelagert wird. Bei Renault heißt das Geschäft mit PS-Motoren jetzt "Horse".
(Reporter: Gilles Guillaume, Silvia Aloisi; bearbeitet von Ilona Wissenbach und Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)