Frankfurt (Reuters) - Der frühere Volkswagen-Chef Martin Winterkorn soll im Anlegerprozess um den Dieselskandal vor dem Oberlandesgericht Braunschweig als Zeuge vernommen werden.
Winterkorns Auftritt sei am 14. und 15. Februar geplant, teilte Winterkorns Rechtsanwalt Felix Dörr der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag auf Anfrage mit. Er bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenportals "The Pioneer".
Dem einst mächtigen Automanager drohen wegen des Dieselskandals auch wieder zwei Strafprozesse vor dem Landgericht Braunschweig. Ein vor fast drei Jahren eingestelltes Verfahren wegen des Verdachts der Marktmanipulation sei wieder aufgenommen worden, hatte das Gericht am Donnerstag mitgeteilt. Demnach soll Winterkorn im Jahr 2015 den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über massenhafte Abgasmanipulationen bei Dieselmotoren informiert haben. Diese hatten für den Konzern Schadensersatzforderungen und Strafzahlungen in Milliardenhöhe nach sich gezogen.
Parallel ist gegen Winterkorn in Braunschweig ein Strafverfahren wegen der Abgasmanipulationen anhängig, das aber wegen seines Gesundheitszustands bisher zurückgestellt wurde. Der Vorwurf lautet hier auf gewerbsmäßigen Betrug. Winterkorn weist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nach Angaben seines Anwalts zurück.
Das Gericht hatte das Marktmanipulationsverfahren Anfang 2021 mit der Begründung vorläufig eingestellt, dass eine mögliche Strafe wegen Täuschung der Kapitalmärkte nicht ins Gewicht fallen würde im Vergleich zu einer möglichen Strafe wegen des eigentlichen Abgasbetrugs. Weil das Gericht dies nun jedoch nicht mehr so sieht und weil das Betrugsverfahren bisher nicht in Gang kam, wurde das Marktmanipulationsverfahren den Angaben zufolge wieder aufgenommen. Verhandlungstermine legte das Gericht noch nicht fest.
Volkswagen hatte 2015 auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, Diesel-Abgaswerte durch eine Software manipuliert zu haben. Diese sorgte dafür, dass die Motoren die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand zwar einhielten, auf der Straße aber ein Vielfaches dieser giftigen Abgase ausstießen. Der Skandal löste eine Vielzahl von Prozessen aus. Im Juni wurde der frühere Chef der Volkswagen-Tochter Audi, Rupert Stadler, vom Landgericht München zu einer Bewährungsstrafe und einer millionenschweren Geldauflage verurteilt.
(Bericht von Jörn Poltz, geschrieben von Olaf Brenner. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)