Frankfurt/Washington (Reuters) - Nach dem Blitzlichtgewitter auf der Automesse in Detroit steht Volkswagen-Chef Matthias Müller im Abgasskandal der nächste Gang auf glattes Parkett bevor.
Am Mittwoch trifft er die Chefin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, um ihr den Plan zum Bereinigen einer halben Million Diesel-Autos mit illegaler Abgassoftware zu präsentieren. Nach scharfer Kritik der anderen zuständigen Behörde CARB ist die Atmosphäre vor dem Treffen höchst angespannt. Unglückliche Äußerungen Müllers in einem Radiointerview auf der Messe haben die Chancen auf eine rasche gütliche Einigung nach Ansicht von Analysten zudem nicht verbessert.
Der VW-Chef hatte dem Radiosender NPR gesagt, VW habe die Behörden nicht angelogen, sondern nur deren Fragen zunächst nicht verstanden, relativierte diese Äußerung in einer Wiederholung des Interviews am folgenden Tag. Ein Insider in der Konzernzentrale in Wolfsburg äußerte sich "befremdet" über den Auftritt des Chefs. Müller hätte so etwas in dieser entscheidenden Woche, in der Volkswagen darum kämpft, in den USA wieder Boden unter die Füße zu bekommen, nicht sagen sollen.
Am Dienstagabend hatte die kalifornische Umweltbehörde CARB VW schwere Vorwürfe gemacht, die Manipulationen an Diesel-Autos vertuscht zu haben. Vier Monate nach der Aufdeckung des Skandals durch die US-Behörden und wochenlangen Verhandlungen über die technischen Lösungen zum Beheben des Verstoßes gegen die US-Luftreinhaltegesetze, steht Europas größter Autokonzern unter scharfer Kritik. "Volkswagen hat entschieden, bei den Emissionstests zu betrügen und dann versucht, es zu verschleiern", erklärte CARB-Leiterin Mary Nichols. "Und als sie erwischt wurden, versuchten sie, es zu leugnen."
Ein VW-Sprecher sagte, die Diskussion mit CARB sei in den vergangenen Wochen konstruktiv gewesen und VW wolle kooperativ mit der Behörde zusammenarbeiten. EPA-Chefin McCarthy hatte in dieser Woche im Vergleich zu ihrer Kollegin aus Sacramento mäßige Kritik geübt und bemängelt, dass es noch immer keine akzeptable Lösung gebe. Müller hat nun einen Plan in der Tasche, der einen neuen Katalysator für einen großen Teil der betroffenen Fahrzeuge vorsieht und eine Inzahlungnahme sowie günstige Neuwagenangebote für den kleineren Teil der Kunden.
"SEHR UNGLÜCKLICHE PANNE"
VW muss nicht nur grünes Licht der Behörden für den Rückruf bekommen, sondern sieht sich auch einer Klage der EPA über das US-Justizministerium gegenüber, die Geldstrafen von bis zu 46 Milliarden Dollar fordert. Bei den Verhandlungen kommt es nach Einschätzung von Analysten darauf an, wie einsichtig sich der Konzern zeigt und wie großzügig er die Kunden entschädigt. "Das war sicher nicht sehr hilfreich und hat nur weitere Verwirrung gestiftet", sagte LBBW-Analyst Frank Biller. VW brauche jetzt eine schnelle Einigung mit den Behörden. "Wenn es einen längeren Disput gäbe, befeuert noch durch Missverständnisse über das Radio-Interview, wäre das sehr schlecht."
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nannte den Auftritt eine sehr unglückliche Panne. Die US-Behörden fühlten sich womöglich nicht ernst genommen. Und VW mache den Eindruck, auf Zeit zu spielen. "Das mögen die Amerikaner nicht", sagte er. Dem Radiosender zufolge wiederholte Müller am Montag das Interview auf Bitte von VW und entschuldigte sich für seine Äußerung. Das Gespräch mit dem Reporter sei schwierig gewesen für ihn im Pulk von Journalisten unter vielen Zurufen. "Wir akzeptieren den Verstoß (gegen das Gesetz) vollkommen", sagte er. Aus Sicht von VW ist damit der Satz "Wir haben nicht gelogen" aus der Welt geschafft.