Anlagetrend Robotik! Sind Sie etwa immer noch nicht dabei?

23.06.2017
um 18:07 Uhr

Google verkauft die umstrittene Roboterfirma Boston Dynamics an das japanische Technologiekonglomerat Softbank. Das war genau die Nachricht, die die Fantasie und Faszination um den Anlagentrend Robotik wieder aufleben lassen dürfte. Denn Softbank, das schon länger mit verschiedenen Robotertechnologien experimentiert, hat tatsächlich das Potenzial, den Anfang einer neuen Ära von smarten Robotern einzuleiten. Die treibende Kraft des Konzerns, der CEO Masayoshi Son, sagte seinerzeit bei der Präsentation seiner humanoiden Kreation „Pepper“ im Sommer 2015: „Pepper ist der erste Schritt (...) Wir haben in Japan begonnen, aber wir werden das zu einem weltweiten Business machen.“ Mit der Übernahme von Boston Dynamics kommt er seinem Traum einen weiteren Schritt näher und verkündet, dass „kluge Roboter der Schlüssel für die nächste Stufe der IT-Revolution sein werden.”

Ob wir es mögen oder nicht, Roboter und der damit verbundene Mehrwert dringen immer intensiver in das soziale und berufliche Leben vor. Die modernen Autos, Busse, Lastwagen, Züge und Schiffe lernen Schritt für Schritt, wie man selbstständig und sicher durch Straßen, Schienennetze und Weltmeere navigiert. Flugzeuge können schon jetzt prinzipiell mit Hilfe des ILS-Systems und des Autopiloten selbstständig landen. Was aktuell noch fehlt, ist die Erfahrung und das Vertrauen in die neue Technologie. Dies dürfte sich allerdings in Zukunft durch die Verbindung der Deep-Learning-Technologie mit automatisierten bzw. robotisierten Systemen unweigerlich ändern.  

Die neue Generation von smarten Robotern wird tatsächlich in der Lage sein, blitzschnell optimale Entscheidungen zu treffen und das bei einem dynamischen und nicht vorprogrammierten (statischen) Entscheidungsfindungsprozess. Damit dürfte auch das Vertrauen in neue Tech-Lösungen steigen, was schließlich zu ihrer verstärkten Integration auf allen Ebenen von der Industrie über das Entertainment bis hin zur Medizin führen wird.

Die Profiteure!

Es ist nun etwas mehr als sechs Monate her, als wir zuletzt den Anlagetrend Robotik und die damit verbundenen Unternehmen vorgestellt haben. Das einzige, was sich in diesen sechs Monaten grundlegend geändert hat, ist der Aktienkurs der vorgestellten Topkandidaten. Er ist gestiegen und das bei allen Akteuren! Aus diesem Grund widmet sich die TS-Redaktion einer Review der Börsenperformance der vorgestellten Aktien, wobei sich der eine oder andere Anleger wohl zurecht fragen dürfte, wieso er eigentlich nicht dabei gewesen ist!

Den Anfang macht heute wie schon vor sechs Monaten die Industrierobotik und Automation der Warenlogistik, bei denen man gleich mehrere Top-Performer zur Auswahl hat.

Die wahre Stärke dieses Trendsegments liegt darin, dass Industrieroboter in großen Maßen eingesetzt werden und der Trend kontinuierlich zunimmt. Ob in der Autoindustrie, Mikrochipproduktion oder am Fließband, die die Anzahl von schweren Montage-Robotern nimmt kontinuierlich zu. Gleichzeitig erhalten kleinere, autonome und kollaborative Robotersysteme einen breiten Einzug in die fertigende Industrie und in die Elektronikherstellung weltweit. Hinzu kommen noch die autonomen Flurförderfahrzeuge, die immer intensiver im Bereich der Lagerlogistik-Automation eingesetzt werden.

Einer der Topprofiteure dieser Entwicklung ist das japanische Unternehmen Fanuc (863731), dessen Aktie in den letzten sechs Monaten um rund +10 % zugelegt hat. Der Konzern verfügt über 252 Niederlassungen in 46 Ländern der Welt und ist einer von Japans führenden Roboterherstellern, wobei seine Lösungen hauptsächlich in der Autoindustrie eingesetzt werden. Sein Produktportfolio umfasst mehr als 100 verschiedene Robotermodelle. Damit hat man wohl die weltweit größte Auswahl an Industrierobotern. Durch die eingegangene Kooperation mit dem GPU-Hersteller Nvidia (NVDA) arbeitet man offensichtlich an der Entwicklung einer smarten Industrie-Robotik-Lösung. Für Wachstumsfantasie sorgt die Tatsache, dass die USA sich unter der neuen Führung im Weißen Haus im starken Wandel befinden. Sollte es zu einer Re-Industrialisierung kommen, wäre Fanuc einer der möglichen Topprofiteure. Hier liegt also auch in der mittelfristigen Perspektive eine Menge Wachstumspotenzial.  

fanuc

Nvida

Ein weiteres japanisches Unternehmen, das ebenfalls ein Topprofiteur dieser Entwicklung wäre, ist Yaskawa (857658), dessen Aktie in den letzten sechs Monaten um +37 % zulegte. Der Konzern ist einer der weltweit größten Akteure im Bereich Industrierobotik und gilt als Schöpfer des Begriffs „mechatronic“. Zuletzt sorgte man mit der Nachricht über eine Investitionsoffensive in Europa für Aufsehen. Damit beabsichtigt der Konzern, seine Präsenz auf dem europäischen Markt signifikant ausbauen zu können. Das erklärte Ziel lautet: „Mittelfristig in strategischen Zielmärkten zu den beiden führenden Herstellern von Industrierobotern in Europa zu gehören“. Und um dies zu erreichen, wird Yaskawa seine Fertigungskapazitäten erweitern und weitere Produktionsstätten sowie ein Robotik-Entwicklungszentrum in Slowenien eröffnen. Die Fertigung der ersten „Motoman“-Roboter dürfte dann im Jahr 2018 starten, wobei die neue Fabrik rund 80 % des europäischen Roboterbedarfs decken soll. Damit wird sich Yaskawa strategisch wichtig positionieren, um auf die Bedürfnisse des europäischen Markts noch schneller zu reagieren und kundenspezifische Robotik-Lösungen bereitzustellen.

Yaskawa

Was die Entwicklung von den in Europa beheimateten Firmen angeht, so ist sie ebenfalls sehr positiv. Die Aktie des schweizerischen Mischkonzern ABB (ABB) legte im letzten Halbjahr um +15 % zu. Dank strategischer Zukäufe hat man im Megamarkt Industrie 4.0 die Transformation zu einem vollstufigen Anbieter geschafft. Durch die Übernahme von B+R konnte ABB sich bedeutend verstärken und ist damit in der Lage, als einer der wenigen Anbieter ganzheitliche Ansätze für komplexe Industrieautomationsprojekte, die sich mit Industrie 4.0 verknüpfen lassen, anzubieten. Was den Bereich Industrierobotik angeht, so gilt ABB mit weltweit mehr als 300.000 Robotern ebenfalls als einer der weltweiten Marktführer. Für Wachstumsfantasie sorgt die Ability-Lösung. Damit lässt sich die gesamte Ablaufsteuerung, Planung und Vernetzung von Maschinen und Prozessen umsetzen. Anschließend lassen sich die gewonnenen Echtzeit-Datenströme filtern und auswerten, was in Verbindung mit einer KI-basierten Lösung eine Optimierung der gesamten Prozesse erlaubt. In den kommenden Jahren sollte sich also die Gewinnentwicklung von ABB nicht nur wegen der Robotik, sondern auch dank der steigenden Nachfrage im Boom-Segment Industrie 4.0 positiv in der Ergebnisentwicklung niederschlagen.

ABB

Die Aktie des deutschen Herstellers von Industrierobotik-Lösungen M.A.X Automation (A2DA58) legte in den letzten sechs Monaten +16 % zu. Das Unternehmen hat sich auf die Bereiche Industrieautomation und Umwelttechnik spezialisiert und profitiert als Anbieter von Automationslösungen rund um den Megatrend Industrie 4.0. Die Experten von Equinet haben das Kursziel für die Aktie von 7,00 auf 8,65 Euro angehoben und den Wert von „Accumulate” auf „Buy” hochgestuft. Damit steigt der institutionelle Support für den Wert, zumal Warburg Research zuvor das Kursziel von 8 auf 8,50 Euro angehoben hatte. Als Wachstumstreiber sollten sich für M.A.X Automation die Neuausrichtung und die Fokussierung auf wichtige Wachstumsfelder wie Lösungen für die Elektromobilität, der nachhaltige Trend zu Fahrassistenzsystemen, die Variantenvielfalt in der Automobilproduktion sowie die gestiegenen Anforderungen zur CO2-Vermeidung In der Umwelttechniksparte erweisen. Aktuell liegen die Analystenschätzungen für das laufende Fiskaljahr bei einem Gewinn von 0,60 Euro je Aktie, während der Analystenkonsens in 2018 bei 0,63 Euro liegt.?Damit dürfte die Erholungsbewegung bereits begonnen haben.

M.A.X

Und schließlich die Aktien der Spezialisten im Bereich der Lagerlogistik-Automation Kion (KGX888) und Jungheinrich (621993), die im letzten Halbjahr eine Kurssteigerung von +26 % bzw. +17 % verbucht haben. Der Intralogistik-Spezialist Kion ist nun dank der Übernahme des US-Anbieters Dematic in der Lage, als einer der wenigen Anbieter der Branche komplette Lager- und Warehouse-Management-Systeme anzubieten und profitiert daher besonders stark vom Intralogistikboom, der vom anhaltenden Wachstum des E-Commerce katalysiert wird. Entsprechend stark zieht die Nachfrage nach selbstfahrenden Flurförderfahrzeugen und Warehouse-Management-Lösungen an, was Kion mittelfristig gute Aussichten beschert. Im Fall von Jungheinrich ist ebenfalls zu erwähnen, dass der Konzern neben Kion zu den Favoriten im Segment Intralogistik 4.0 gehören wird. Als Hersteller von Flurförderfahrzeugen und Intralogistikinfrastruktur ist auch Jungheinrich gut positioniert, um von Megatrends wie der Automatisierung der Logistik in Branchen wie E-Commerce oder dem Einzelhandel profitieren zu können.

Kion (2)

Jungheinrich

Kommen wir nun zu den eigentlichen Robotik-Stars!

Eine dieser Aktien, die einem ein fröhliches Lächeln ins Gesicht zaubert, ist die des Haushalt-Robotik-Spezialisten iRobot (IRBT). Oder halten Sie eine sechsmonatige Kursentwicklung von +70 % etwa für langweilig? Was soll man hier großartig sagen. In Zukunft werden Roboter in jedem Haushalt, Hotel und Restaurant ihre Arbeit verrichten und iRobot hat als Weltmarktführer mit über 500 Experten im F&E-Bereich sowie den jährlichen Investitionen von mehreren Mio. USD und zahlreichen und bereits erfolgreichen Produkten sehr gute Chancen, seine Position als First Mover weiter auszubauen. Aktuell profitiert man weiter davon, dass die Menschen immer stärker ihre Zeit zu schätzen lernen und unangenehme Aufgaben wie Staubsaugen immer intensiver an Roboter outsourcen. Die Tendenz ist weiterhin steigend und dürfte sich mit dem aufkommenden Smart-Home-Trend verstärken. Mit der aktuellen iRobot-Roomba-Reihe lassen sich die Geräte mittlerweile per App aus der Ferne oder von zuhause über Amazon Echo per Sprachbefehl steuern. Damit dürfte der völlig autonome Einsatz nur eine Frage der Zeit sein und irgendwann wird der smarte Reinigungsvorgang automatisiert starten, wenn das intelligente Zuhause das Verlassen erkennt. Die Wachstumsstory geht weiter!

iRobot

Ein weiterer Star kommt aus dem Trendsegment Medizinrobotik. Es ist der oft erwähnte Anbieter von OP-Robotern Intuitive Surgical (ISRG), dessen Aktie in den vergangenen sechs Monaten um +42 % gewachsen ist. Der Konzern profitiert von der steigenden gesellschaftlichen Akzeptanz, die mit jeder erfolgreichen Operation zunimmt. Für Wachstumsfantasie sorgt die angestrebte Verbindung von hochpräzisen Robotik-Lösungen mit KI-Technologien. Eine der letzten Umfragen von PWC hat ergeben, dass 55 % offen für klassische Arzttätigkeiten durch KI und Robotik sind. Gut die Hälfte würde kleinere Eingriffe sogar durchführen lassen wie etwa Laser-OPs an den Augen etc. Damit hat ISRG sehr gute Wachstumschancen, denn die Akzeptanz scheint bereits schon jetzt sehr hoch zu sein. Zumal das eigene da-Vinci-System bereits bei der Entfernung der Gebärmutter, Prostata, der teilweisen Entfernung der Niere, der Sakrokolpopexie (Wiederherstellung des Beckenbodens) oder bei Darm-OPs und der Behandlung von Leistenbrüchen eingesetzt wird.

Intuitive

Mit Mazor Robotics (MZOR) haben wir ein Unternehmen, dessen Hauptprodukt das sogenannte „Renaissance System“ ist. Es ermöglicht?robotergestützte Operationen an der Wirbelsäule. Diese sind wesentlich genauer als eine herkömmliche Operation, die durch einen menschlichen Arzt durchgeführt werden. Die sechsmonatige Kursentwicklung: +65 %. Kürzlich erhielt Mazor Robotics die FDA-Zulassung für seine Software Mazor X Align. Mit dieser können Chirurgen ein komplettes 3D-Modell der Wirbelsäule erstellen. Im Vorfeld lassen sich damit Einschätzungen über die Auswirkungen des geplanten Wirbelsäulenkorrektureingriffes tätigen. Die Zulassung war für Mazor Robotics wichtig, weil man damit das gesamte Spektrum an Hard- und Software für OPs an der Wirbelsäule und dem Gehirn offerieren kann.

Mazor (2)

Abschließend bleibt jetzt nur noch zu erwähnen, dass der Robotik-Trend vollkommen intakt ist und auf der breiten Ebene gespielt wird. Ob die Zinsentscheidung der EZB, die Parlamentswahlen in England und Frankreich, Turbulenzen um den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump – all das scheint keine Auswirkung auf den Robotik-Trend zu haben. Die Börsianer scheinen davon überzeugt zu sein, dass man mit Robotik in die Zukunft investiert. Aus diesem Grund werden die Kursrücksetzer bei den Topfavoriten wie iRobot oder Intuitive Surgical konsequent für Neueinstiege genutzt. Daher ist es nun wichtig, auch folgende Aktien ganz genau im Blick zu behalten. Denn auch diese haben im vergangenen Halbjahr durch fulminante Kursanstiege überzeugt. Zumal die Unternehmen auch über interessante Wachstumsperspektiven verfügen.  

1. Rockwell Automation (ROK): Das Unternehmen hat bereits ein breites Portfolio rund?um Automationslösungen für die verarbeitende Industrie aufgebaut. Als zusätzlicher Katalysator fungiert dabei die steigende Nachfrage nach Industrieautomationslösungen im Rahmen des Industrie-4.0-Trends und in Bezug auf die digitale Fabrik der Zukunft. 6M-Kursentwicklung: +15 %.

Rockwell

2. Teradyne (TER): Spezialist für kollaborierende Roboter. Die Universal-Robots-Sparte wuchs im 1. Quartal um 117 %. Die kollaborativen Robotersysteme freuen sich einer wachsenden Beliebtheit, sodass die Sparte in 2017 um mindestens 50 % wachsen dürfte. Damit ist die langfristige Wachstumsstory um den kommenden Masseneinsatz von kollaborativen Robotersystemen weiterhin völlig intakt. Denn ihr Vorteil ist die Flexibilität und Mobilität, weil sie sich an verschiedenen Stationen in der Fertigung kostengünstig einsetzen lassen. 6M-Kursentwicklung: +25 %.

Teradyne

Und natürlich die Aktie von Softbank (6M-Entwicklung: +12 %), dessen Übernahme von Boston Dynamics den Anstoß für den aktuellen TrendScout gegeben hat und womöglich den Anfang einer neuen Ära in der Roboterentwicklung einleiten wird.  

Softbank (2)

Die Welt gehört schließlich denjenigen, die große Veränderungen nicht scheuen!

Viel Erfolg und seien Sie profitabel!