Payment-Trend mit asiatischem Touch!

13.10.2017
um 17:55 Uhr

„Handy raus, App an, jetzt nur noch den Rechnungsbetrag mit dem Fingerprint bestätigen und schon ist der Einkauf bezahlt oder eine Geldüberweisung durchgeführt.“ Mit diesem Satz haben wir Mitte Juli einen TrendScout unter dem Titel „Der Vormarsch von digitalen Zahlungsabwicklern“ begonnen. Seitdem hat sich einiges rund um den Payment-Trend getan, weswegen wir das Thema heute erneut aufgreifen und die Topprofiteure dieser Entwicklung thematisieren. 

Der Schwerpunkt liegt diesmal auf der Trendentwicklung im asiatischen Raum. Dabei dürften die Zahlungsabwickler in dieser geographischen Zone im Vergleich zur westlichen Welt ein relativ einfaches Spiel haben. Denn die ganze Region trägt dank der anhaltenden Globalisierung und dem boomenden E-Commerce-Trend enorm zur wirtschaftlichen Entwicklung bei. Folglich weisen die Märkte in China, Malaysia, Singapur und potenziell in ganz Südostasien eine sehr hohe Entwicklungs- und Wachstumsdynamik vor, was entsprechend in viel höhere Wachstumsraten der Zahlungsabwickler mündet. 

Ein weiterer wichtiger Wachstumsfaktor ist die chinesische Mittelschicht, die weiterhin wächst und immer wohlhabender wird. Die modernen Chinesen sind reise- und konsumfreudig, stehen auf Modetrends und sind mit modernen Technologien wie sozialen Netzwerken, Microblogging, Online-Streaming und Mobile-Payment bestens vertraut. Gleichzeitig bleibt den westlichen Organisationen und Unternehmen der Marktzugang (im Falle Chinas) verwehrt, was ebenfalls zum Aufschwung eigener Konzerne beiträgt.  

Zwei Unternehmen, die in Bezug auf den Payment-Trend in Betracht kommen, sind die chinesischen Technologieriesen Tencent Holdings und Alibaba. Dabei tragen „Tiger&Dragon“ ihren Konkurrenz- und Machtkampf nicht nur in China aus, sondern drängen immer stärker auf europäische Märkte vor. 

Der wesentliche Grund dafür sind die reiselustigen und durchaus zahlungskräftigen chinesischen Touristen. Diese zeigen sich auch im Ausland in Bezug auf die eigenen Angewohnheiten sehr konservativ, geben jedoch im Durchschnitt etwa 3.000 Euro pro Kopf für Luxuswaren wie Bekleidung, Schmuck und Uhren bei ihren Europabesuchen aus. Ein weiteres Merkmal moderner Chinesen ist, dass sie den Bargeldaustausch eher als lästig und altmodisch empfinden, weswegen das Bezahlen per Mobile-App in China fast schon zur Normalität gehört. Deswegen ziehen Tencent und Alibaba mit ihren Payment-Diensten gerade in die Regionen nach, in die die Reisen von chinesischen Touristen verstärkt hingehen.  

Alibaba (BABA) bietet das AliPay-System an, dass mittlerweile nicht nur in China, sondern auch in 28 weiteren Ländern der Welt (meist Südostasien) verfügbar ist. Der eigentliche Wachstumstreiber war in diesem Fall der Aufschwung des E-Commerce, womit bei Alibaba so ziemlich alles begann. 

Mit der Zeit entwickelte sich AliPay zu einem eigenständigen Trend und dominierte den chinesischen Mobile-Payment-Markt bis zuletzt völlig. Hinzu kommt, dass der Service von beinah jeder Branche und jedem chinesischen Dienstleister – von Friseursalons über Restaurants bis hin zum Immobilienkauf – akzeptiert wird. Noch vor etwa drei Jahren wurden rund 80 % aller Mobile-Transaktionen via AliPay durchgeführt. Dabei kooperiert Alibaba seit 2015 mit dem deutschen Payment-Trend-Profiteur Wirecard. Und in ganz Europa wird AliPay bereits von 10.000 Einzelhändlern akzeptiert. 

Alibaba

Die Situation änderte sich allerdings mit der steigenden Popularität von sozialen Netzwerken und Messenger-Services in Chinasehr schnell. In diesem Fall hat Alibaba leider das enorme Potenzial dieser Entwicklung entweder nicht erkannt oder einfach ignoriert und hat folglich nicht daran gedacht und gearbeitet, seinen eigenen Messenger-Service zu etablieren. Und die Initiative im Mobile-Payment-Bereich ging langsam aber sicher in Richtung Tencent Holdings (TCEHY), der mit seinem megapopulären Messenger WeChat einen echten Volltreffer landete.  

Mit einer einzigen Zusatzfunktion, nämlich TenPay, hat der Konzern dem WeChat-Messenger einen einfachen und dennoch sehr praktischen Payment-Service hinzugefügt und damit genau den Nerv der Zeit getroffen, sodass der neue TenPay-Service weiterhin rasant an Popularität gewinnt und es mittlerweile auf rund 40 % aller Mobile-Payment-Transaktionen im Reich der Mitte bringt. TenPay erlaubt Überweisungen, die Bezahlung von Rechnungen sowie die Gewährung von kleinen Krediten. Katalysiert wird diese Entwicklung auch dadurch, dass WeChat (Analog WhatsApp) sehr populär ist und weiterhin zusätzliche Nutzer gewinnt, die das Programm auf Reisen außerhalb Chinas u. a. auch für den Geldtransfer nutzen. Ein Drittel der Smartphone-Zeit in China wird in WeChat verbracht.

Tencent beziffert die Zahl der WeChat-Nutzerkonten auf 938 Millionen, wobei alle potenzielle Payment-Nutzer sind. AliPay bringt es aktuell auf mehr als 400 Millionen Nutzer. Wer schließlich das Rennen machen wird, bleibt spannend. Daher lohnt es sich, beide Konzerne im Rahmen des aufkommenden Mobile-Payment-Trends im Hinterkopf zu behalten. Denn sowohl Tencent als auch Alibaba sind zusätzlich noch in viele andere Zukunftstrends wie E-Commerce, Cloud-Computing, Gaming, KI etc. involviert.

Tencent

Eine interessante Entwicklung gab es nun bei einem anderen Topprofiteur des Payment-Trends – Square (SQ). 

Der mit rund 10,28 Mrd. USD kapitalisierte Mobile-Payment-Provider gab die Absicht bekannt, eine Banklizenz beantragen zu wollen. An sich ist dies eine etwas unerwartete Aktion. Denn wie oft haben wir es mit einem innovativen Fintech zutun, der sein zukünftiges Wachstum in der Wandlung zum klassischen Bankformat sieht? Dabei ist diese Entscheidung logisch und könnte u. U. sogar zukunftsweisend für die weitere Entwicklung sein. 

Sollte der Konzern also eine Banklizenz erhalten, so bekäme man damit eine offizielle, regulatorische Erlaubnis, bestimmte Finanzoperationen wie Kreditausgaben an Unternehmen durchführen zu dürfen, womit die Notwendigkeit einer unabdingbaren Partnerschaft mit einer Bank vollkommen entfällt. 

Square ist kein einfacher Payment-Provider mehr. Das Unternehmen ist mittlerweile im Kreditgeschäft sehr aktiv, wobei Darlehen schnell, effektiv und im Vergleich zum klassischen Bankensystem unbürokratisch an kleine und mittlere Unternehmen via Square-Capital-Service offeriert werden. Das gewährte Kreditvolumen liegt bereits bei 1,8 Mrd. USD, was im Durchschnitt einer Summe von 6.000 USD pro Kreditnehmer entspricht. Der nächste logische Schritt wäre also die Banklizenz, damit man seine Kunden regelkonform bündeln und sowohl einen besseren Kredit- als auch kommerziellen Transaktionsservice anbieten kann. Dabei bleibt man weiterhin auf kleine und mittlere Betriebe fokussiert, womit der anfängliche Payment-Provider schon sehr bald als Bankorganisation einen Wirtschaftssektor mit einem kumulativen Kreditvolumen(-bedürfnis) von rund 186 Mrd. USD erschließen könnte. 

Der Wachstumstreiber dieser Entwicklung ergibt sich im Wesentlichen aus zwei wichtigen Faktoren, die sich kaum ändern werden. Einerseits ist es die kontinuierlich hohe Nachfrage nach schnellen Krediten seitens kleiner und mittlerer Betriebe, die damit temporäre Schwierigkeiten überbrücken oder das Geld in die Betriebsausstattung, den Produkteinkauf oder die Reparatur investieren. Früher wäre Square auf eine Bankpartnerschaft angewiesen gewesen. Mit einer Banklizenz wird man selbst zeit- und kosteneffizient über die Kreditgewährung entscheiden können. 

Andererseits ist es natürlich das Kundenwachstum. Die Kundenbasis von Square Capital vergrößerte sich im Vergleich zum Vorjahr um 68 %, was die hohe Popularität dieser Dienstleistung bei einer großen Nachfrage unmissverständlich signalisiert. Sollte das Unternehmen die Banklizenz bekommen, so wäre man in der Lage, das operative Geschäft mit Transaktionsservices um 50 Mal auf fünf Billionen Transaktionen jährlich zu steigern, womit sich eine ganz neue Wachstumsperspektive eröffnet, so das Konzernmanagement. Das Wachstumspotenzial dürfte also durchaus groß sein.  

 Square

Auch beim mit rund 71,94 Mrd. USD kapitalisierten Payment-Spezialisten PayPal (PYPL), den wir zuletzt aufgrund seiner stabilen fundamentalen Situation, einer aussichtsreichen Wachstumsperspektive und zahlreichen Kooperationen u. a. mit Visa MasterCard, Apple etc. thematisiert haben, gibt es ebenfalls eine interessante Entwicklung.

Paypal

Der Konzern hat offenbar die Vorzüge des Kreditkartengeschäfts erkannt und bietet nun seine eigene Kreditkarte an. Damit will man sich u. a. im stationären Handel das Geschäft ausbauen und gleichzeitig seine Kundenbasis vergrößern. Denn zur kostenlosen Kreditkarte, die man in Kooperation mit dem eigentlichen Konkurrenten und gleichzeitigen Partner MasterCard und der Synchrony Bank (als Karten ausgebendes Institut) anbietet, gibt es einen saftigen Cashback i. H. v. 2 % auf jeden Einkauf und das in Form einer Gelderstattung auf das eigene Paypal-Konto. Gleichzeitig offeriert man MasterCard-Zusatzleistungen wie Garantieangebote oder einen Einkaufsschutz. Damit scheint der Konzern, der sowieso im vollen Maße vom digitalen Payment-Trend profitiert, eine weitere wichtige Umsatzquelle im stationären Handel anzuzapfen. 

Langfristig dürfte hier also auf jeden Fall Potenzial lauern. Denn sollte diese Initiative, die zunächst nur in den USA angeboten wird, Erfolg haben, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die PayPal-Kreditkarte auch auf dem europäischen Kontinent etabliert wird, wo PayPal als Bezahldienstleister ebenfalls sehr beliebt ist. Was spekulativ interessant wäre, ist die Frage, ob sich Paypal irgendwann dazu entschließen wird, eine Banklizenz zu beantragen und genauso wie Square in das globale Kreditgeschäft einzusteigen. 

In dieser Hinsicht kommt noch eine andere Spekulation auf, die wir im letzten TrendScout zum Thema „Bezahldienstleister“ thematisiert haben. Und zwar, dass PayPal einfach Square übernehmen sollte, was absolut Sinn machen würde. Denn Square hat sich mit seiner App mittlerweile sehr gut in einer Nische etabliert und würde mit seiner lukrativen Fokussierung auf kleine und mittlere Unternehmen, die PayPal-Expertise profitabel ergänzen. Wenn man also das Knowhow beider Konzerne miteinander verbinden und mit einer üblichen Banklizenz ausstatten würde, wäre dies bei der aktuellen innovativen Stärke u. U. die Geburtsstunde eines neuen, modernen digitalisierten Bankinstituts der Zukunft mit einer weitverzweigten digitalen Infrastruktur und völlig losgelöst von den bürokratischen und stationären Zwängen. So, oder so ähnlich lautet die gewagte TrendScout-Fantasie, die einen disruptiven Charakter aufweisen würde. Ob es tatsächlich so kommt, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht prognostizieren. 

Viel Erfolg und seien Sie profitabel!