BERLIN (dpa-AFX) - Die Ukraine wird voraussichtlich deutlich mehr deutsche Leopard-Kampfpanzer erhalten als bisher erwartet. Nach der Zusage von 14 Leopard 2 der Bundeswehr gab die Bundesregierung am Freitag auch für den Export von Panzern des älteren Typs Leopard 1 aus Industriebeständen grünes Licht. "Es ist der erklärte Wille der Bundesregierung, diese Leopard-1-Panzer, die ja aus der Industrie kommen, ebenfalls der Ukraine zur Verfügung stellen", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im schwedischen Västerås.
Um wie viele Panzer es sich handelt, gab er noch nicht bekannt. Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall
Ukrainischer Botschafter: "Wir haben keine Zeit zu verlieren"
Der jetzige ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev sagte der dpa, man stehe im Austausch mit der deutschen Seite, um die Panzer nun schnell an die Front zu bringen. "Wir haben keine Zeit zu verlieren." Makeiev wertete die Exportgenehmigung als klares Zeichen, dass Deutschland und andere Verbündete der Ukraine zum Sieg im Krieg gegen die russischen Angreifer verhelfen wollen. "Die heutige Ankündigung ist auch ein weiteres Zeichen, dass die Verbündeten der Ukraine keine Illusionen mehr haben, was die Ziele des terroristischen Regimes im Kreml in der Ukraine angeht und so lange an der Seite der Ukraine stehen werden, solange es nötig ist, bis die Ukraine siegt."
Instandsetzung kann viele Monate dauern
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" will neben Rheinmetall auch die Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) Leopard 1 für den Export in die Ukraine aufbereiten. Die FFG hat nach früheren Angaben bereits 2010 insgesamt 99 Exemplare der Variante 1A5 aus dänischen Beständen gekauft. Wie viele davon zwischenzeitig verkauft oder anderweitig verwendet wurden, ist nicht bekannt. Das Unternehmen reagierte am Freitag nicht auf eine dpa-Anfrage.
Die Instandsetzung dürfte viele Monate dauern, das hat Rheinmetall bereits klargemacht. "Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres", hatte Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger Mitte Januar der "Bild am Sonntag" gesagt. "Die Fahrzeuge werden nicht nur neu lackiert, sondern müssen für einen Kriegseinsatz umgebaut werden. Sie werden komplett auseinandergenommen und dann wieder neu aufgebaut."
Konkretisierung "in den nächsten Tagen und Wochen"
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vergangene Woche nach langem Zögern die Lieferung von 14 Leopard-2-Panzern angekündigt. Zusammen mit Bündnispartnern will Deutschland zwei ukrainische Bataillone mit diesen moderneren Leopard-Varianten ausstatten, bei der Bundeswehr verfügt ein Panzerbataillon über 44 Panzer.
Zur Genehmigung der Leopard-1-Exporte wollte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit nicht näher äußern. "Viel mehr möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, das wird sich dann in den nächsten Tagen und Wochen konkretisieren", sagte er lediglich.
Erster Leopard 1 wurde 1965 ausgeliefert
Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Von 1965 bis Mitte der 80er Jahre wurden 4700 Exemplare produziert. Die Bundeswehr hat ihre letzten Leopard-1-Panzer bereits vor 20 Jahren ausgemustert.
Neun Länder auf fünf Kontinenten nutzen den Panzer nach Herstellerangaben aber heute noch. Darunter sind Chile und Brasilien, zwei Länder, die Scholz gerade besucht hat. Nach brasilianischen Medienberichten hat sich die Bundesregierung vor der Reise auch um Munition für den Leopard 1 bemüht. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva erteilte Scholz aber eine Absage für jegliche Munitionslieferungen. Auch die Nato-Partner Türkei und Griechenland verfügen noch in großem Umfang über Leopard-1-Panzer.
Melnyk: "Es sollte keine neuen roten Linien mehr geben"
Melnyk sagte, dass es bei der Munitionsbeschaffung für den Leopard 1 Probleme geben könnte. Er forderte die Bundesregierung außerdem auf, "nach dem Leo-Tabu-Bruch wirklich Gas zu geben und neue Waffenlieferungen ohne Verzögerung auf den Weg zu bringen". Erneut verlangte er auch Tornado-Kampfjets, Kriegsschiffe und U-Boote für die ukrainischen Streitkräfte. "Es sollte keine neuen roten Linien mehr geben, um die Ukraine in ihrem Überlebenskampf mit allen in Deutschland verfügbaren Waffen zu unterstützen."/mfi/DP/stw