MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Technologiekonzern Siemens
Am Finanzmarkt konnte Siemens damit überzeugen. So fiel der Ausblick besser aus als zuvor erwartet. Die im Dax notierte Aktie gewann am Donnerstagvormittag mehr als fünf Prozent und stand damit an der Spitze des Leitindexes.
Neben der eigenen positiven Geschäftsentwicklung trugen auch die vorerst gelöste Situation bei Siemens Energy
Der starke freie Barmittelzufluss und die hohen Kapitalrenditen von Siemens dürften Vertrauen schaffen, notierte Berenberg-Analyst Philip Buller. Insgesamt gebe es an den Resultaten wenig bis gar nichts zu bemängeln. Auch Nicholas Green von Bernstein lobte die "starke" Entwicklung bei Siemens. Auftragseingang, Umsatz und das Wachstum aus eigener Kraft hätten in jedem Geschäftsbereich positiv überrascht. Die Prognose für das gerade gestartete Geschäftsjahr nannte er "beeindruckend".
Siemens erwartet für das neue Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum auf vergleichbarer Basis um vier bis acht Prozent. Herausgerechnet sind dabei Währungs- und Portfolioeffekte. Damit würde sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr aber abschwächen, als Siemens die Erlöse vergleichbar um elf Prozent auf 77,8 Milliarden Euro gesteigert hatte. Das Ergebnis je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten nach Übernahmen erwartet Siemens bei 10,40 bis 11,00 Euro. Im abgelaufenen Jahr war der entsprechende Gewinn auf 9,93 Euro angezogen. Nicht enthalten in der Ergebnisprognose ist dabei die Beteiligung an Siemens Energy.
Vor allem im ersten Quartal erwartet das Management um Konzernchef Roland Busch bei Digital Industries ein schwächeres Wachstum. Das Geschäft mit der Industriedigitalisierung zeigte zuletzt Bremsspuren. Die erwartete rasche wirtschaftliche Erholung des wichtigen chinesischen Marktes nach der Corona-Pandemie kommt nicht so voran, wie angenommen. Sowohl Busch als auch Finanzchef Ralf P. Thomas betonten aber auf der Bilanzpressekonferenz, dass China auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen werde. Bis zum Ende des Geschäftsjahres erwartet Thomas hier eine Rückkehr zu einem Normalzustand.
Siemens hatte in den vergangenen zwei Geschäftsjahren allgemein stark von hohen Bestellungen in den digitalen Geschäften profitiert, nachdem Kunden aus Furcht vor Lieferengpässen Aufträge vorgezogen hatten. Dies normalisiert sich nun. Inzwischen bauen sie zunächst Lagerbestände ab. Bei der Industrieautomation sieht Busch bei der Auftragsentwicklung die Talsohle im vierten Quartal erreicht, wie er sagte.
Thomas nannte den Konzernausblick "ambitioniert", da er auch auf eine starke Entwicklung im vergangenen Geschäftsjahr anschließe. "Das Geschäftsjahr 2023 war ein Jahr mit zahlreichen Rekorden", sagte Konzernchef Busch. Dies sei trotz schwieriger Bedingungen in einem volatilen Umfeld gelungen. "Unsere Strategie zahlt sich nachhaltig aus".
Nach Steuern verdiente der Konzern 8,5 Milliarden Euro. Das ist fast das Doppelte des Vorjahreswertes, der allerdings auch unter den Folgen des Ukraine-Krieges und einer Wertberichtigung auf das Aktienpaket an Siemens Energy gelitten hatte. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte es für Siemens keine derartigen Rückschläge gegeben. Im Gegenteil: Weil eine zwischenzeitliche Erholung der Energy-Aktie einen Buchgewinn ausgelöst hatte, trug die Beteiligung insgesamt rund 670 Millionen Euro zum Ergebnis bei.
Auch Umsatz und Auftragseingang stiegen. Auf vergleichbarer Basis legte der Umsatz um elf Prozent auf 77,8 Milliarden Euro zu, der Auftragseingang um sieben Prozent auf 92,3 Milliarden Euro - hier trieb besonders die Sparte Mobility die Entwicklung durch Großaufträge. Der Auftragsbestand lag zum Ende des Geschäftsjahres am 30. September bei 111 Milliarden Euro. Der freie Mittelzufluss erreichte mit zehn Milliarden Euro wie die Ergebnisse einen neuen Bestwert.
Auch die Aktionäre profitieren vom starken Ergebnis. Die Dividende soll um 45 Cent auf 4,70 Euro je Aktie steigen. Zudem will Siemens ein neues Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von bis zu sechs Milliarden Euro über bis zu fünf Jahre auflegen. Es soll nach dem Ende des aktuell noch laufenden Programms starten.
Die Zahl der Mitarbeiter im Konzern weltweit stieg um etwa 9000 auf 320 000, in Deutschland von 86 000 auf 87 000. Diese Zahl könnte allerdings mittelfristig wieder sinken, wenn Siemens sich, wie geplant, von seinem Geschäft mit Motoren und Großantrieben trennt. Die Tochter mit dem Namen Innomotics und über 15 000 Mitarbeitern ist dem Konzern zufolge inzwischen weitestgehend eigenständig und könnte an die Börse gebracht werden. Man werde mit den Vorbereitungen dafür beginnen, prüfe aber auch "alle anderen Optionen", sagte Busch.
Wie genau ein Börsengang aussehen könnte, ließ Finanzchef Thomas offen. Das komme auch auf die künftige Marktlage an. Zudem betonte er, dass sich sicherlich auch Kaufinteressenten für Innomotics melden würden. Das Geschäft vermeldete für das vergangene Geschäftsjahr ein Wachstum von mehr als zehn Prozent auf 3,3 Milliarden Euro Umsatz und erzielte eine zweistellige bereinigte operative Marge./nas/ruc/men/jha/