ROUNDUP 2: Deutschland und Brasilien dringen auf Freihandelsabkommen
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BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland und Brasilien dringen auf einen raschen Abschluss des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur. "Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass das Abkommen nun zügig finalisiert wird", sagte Scholz am Montag in Berlin nach den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sagte, er werde trotz aller Schwierigkeiten nicht aufgeben, zu einem Erfolg der mehr als 20-jährigen Verhandlungen beizutragen. "Ich hoffe, dass die Europäische Union zeigt, dass sie an dem Abschluss des Vertrags interessiert ist."
Deutlich Differenzen beim Nahost-Konflikt
Deutliche Differenzen zeigten sich bei dem ersten Regierungstreffen der beiden Länder seit acht Jahren in der Sicherheitspolitik - vor allem beim Gaza- und beim Ukraine-Krieg. Während sich Deutschland lediglich für Feuerpausen zwischen Israel und der islamistischen Hamas einsetzt, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen, fordert Brasilien eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe und wirft Israel mit Blick auf die bei Bombardements getöteten Kinder und Frauen im Gaza-Streifen sogar "terroristische Akte" vor.
Lula lädt Putin zu G20-Gipfel ein
Was den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine angeht, setzt sich Brasilien seit langem für Friedensverhandlungen ein, während Deutschland die Entscheidung darüber der Ukraine überlässt. Lula sagte, er werde seine G20-Präsidentschaft, die Anfang Dezember begonnen hat, für Friedensbemühungen nutzen und Präsident Wladimir Putin zum G20-Gipfel in Rio de Janeiro im November einladen. Ob der internationale Haftbefehl gegen Putin vollzogen werden muss, wenn er anreist, müssten die Gerichte entscheiden.
Einwände aus Frankreich gegen Freihandelsabkommen
Im Mittelpunkt der Konsultationen stand aber die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Lula wollte die Verhandlungen über das EU-Mercosur-Abkommen, mit dem eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen soll, eigentlich bei einem Gipfeltreffen der südamerikanischen Staatengemeinschaft am Donnerstag abschließen. Das ist inzwischen aber vor allem wegen Einwänden Frankreichs mehr als fraglich.
Die Gespräche der EU mit den vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay darüber laufen bereits seit weit mehr als 20 Jahren. Eine Grundsatzeinigung aus dem Jahr 2019 wird jedoch wegen anhaltender Bedenken - etwa beim Regenwaldschutz - nicht umgesetzt.
Scholz mahnt "größtmöglichen Pragmatismus" an
Scholz sagte, Brasilien und Deutschland unterstützten den Abschluss, um die enormen Potenziale in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen. "Brasilien ist unser wichtigster Handelspartner in Südamerika", betonte Scholz. "Mehr als 1000 deutsch-brasilianische Unternehmen tragen signifikant dazu bei."
Der Kanzler betonte, es sei nötig, die Verhandlungen jetzt abzuschließen. "Es spricht sehr viel dafür, dass wir die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Mercosur verbessern, indem wir ein solches Handelsabkommen zustande bringen." Er sei überzeugt, dass es eine Mehrheit im Europäischen Rat und im Europaparlament dafür geben werde, wenn das Abkommen ausverhandelt sei. "Da bitte ich alle Beteiligten um größtmöglichen Pragmatismus und um größtmögliche Kompromissbereitschaft."
Bei der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai hatte sich der französische Präsident Emmanuel Macron gegen das Abkommen ausgesprochen. Dieses berücksichtige nicht die Biodiversität und das Klima, sagte er am Samstag. Lula sieht die Bremser daher klar auf europäischer Seite.
Konsultationen nun alle zwei Jahre
An dem Treffen nahmen auf beiden Seiten mehrere Minister teil. Auf deutscher Seite waren es neun, auf brasilianischer sogar zwölf. Die Bundesregierung verabredet sich regelmäßig mit Ländern zu Regierungskonsultationen, mit denen es eine besonders enge Partnerschaft gibt oder die für Deutschland von besonders großer strategischer Bedeutung sind.
Die Kabinette Deutschlands und Brasiliens hatten sich 2015 erstmals in Brasília getroffen, um ihre Beziehungen breiter aufzustellen. Unter dem rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der sich den Spitznamen "Tropen-Trump" einhandelte, lagen die Konsultationen aber jahrelang auf Eis. Nach der Rückkehr von Lula an die brasilianische Staatsspitze wurde die Idee wiederbelebt. Nun sollen die Konsultationen alle zwei Jahre abwechselnd in Deutschland und Brasilien stattfinden./mfi/DP/ngu