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EQS-News: Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG (deutsch)

22.08.2024
um 09:00 Uhr

Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG

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EQS-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG / Schlagwort(e): Sonstiges
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG

22.08.2024 / 09:00 CET/CEST
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

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Geprüft

Mittlerweile duckt man sich und hofft das der Sturm vorbeizieht. Egal ob
rückwirkend oder in die Zukunft gerichtet:
Schnell ist der Vorwurf gemacht. Das hättet ihr doch wissen müssen. Ihr als
begleitende Bank habt doch vor der Emission eine Due-Diligence durchgeführt.
Und da soll Euch wirklich nichts aufgefallen sein? Die Kommunikationsagentur
hat die Unterlagen doch auch ausgiebig eingesehen. Nichts gemerkt? Die
Juristen, die den Prospekt erstellt haben, müssten doch auch etwas
mitbekommen haben. Alles Vorwürfe von "geschädigten" Anlegern und der
Medien, die häufig vorschnell den Zeigefinger erheben, ohne die gesamte
Wahrheit zu kennen.

Im Wirtschaftsleben kommt es auf korrekte Zahlen an. Besonders dann, wenn
Firmen beispielsweise an die Börse gehen, Fremdkapital - egal, ob als Kredit
oder als Anleihe - aufnehmen, ein anderes Unternehmen kaufen oder,
neuerdings in Mode gekommen, um staatliche Hilfen ersuchen. Ob Geldgeber
oder Geschäftspartner: Alle müssen sich darauf verlassen können, dass die
Bilanzzahlen stimmen. Dafür gibt es Wirtschaftsprüfer, die den Firmen
korrekte Zahlen bestätigen.

Aber das Brennglas wird eigentlich immer nur auf die "Big Five" der
Wirtschaftsprüfer gerichtet: PwC, EY, KPMG, Deloitte und BDO. Es wird auf
die Vermischung von Beratung und Prüfung hingewiesen. Denn, wie ist ein
Testat zu bewerten, wenn gleichzeitig ein lukrativer Beratungsauftrag
vorhanden ist?

Ein relativ frischer "großer" Skandal ist die Wirecard-Pleite und dabei die
unsägliche Rolle von EY. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war wohl mehr
als ein Jahrzehnt "williger" Gehilfe der Unternehmensführung bei dem Aufbau
eines Kartenhauses, was die deutsche Aufsichtsbehörde Apas in ihrem
nichtöffentlich zugänglichen Prüfungsbericht Ende des Jahres 2023 wohl
deutlich moniert hat. Glücklicherweise für EY ist aber auch festgestellt
worden, dass zwar Pflichtverletzungen stattgefunden haben: Fahrlässigkeit -
aber kein Vorsatz.

Dieser Aspekt ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn bei vorsätzlichen
Pflichtverletzungen greift die gesetzliche Begrenzung der Haftung von
Wirtschaftsprüfern nicht. Dem Apas-Bescheid dürfte auch einige Bedeutung für
zivilrechtliche Auseinandersetzungen zukommen. Die Commerzbank will rund 200
Millionen Euro von EY erstreiten. Die Aktionärsvertretung DSW reichte eine
Klage über 700 Millionen Euro ein und - last but not least - hat der
Wirecard-Insolvenzverwalter eine Schadenersatzklage gegen EY über 1,5
Milliarden Euro eingereicht.

Ein besonders absurder Fall ist schon ein paar Jährchen her. EY wurde 2002
von der Bafin für eine Sonderprüfung bei der Phoenix Kapitaldienst GmbH
beauftragt und führte diese im Herbst durch. Hier ging EY wohl durch die
Lappen, das ein entscheidendes Konto garnicht existierte. Gerüchtweise gab
es auch mit Tipp-Ex manipulierte Kontoauszüge. Erst nach Wechsel der
Geschäftsführung bei Phönix im Jahr 2005 meldete diese die "Differenz" bei
der Bafin und diese beantragte kurz darauf die Insolvenz und erklärte den
später stark umstrittenen "Entschädigungsfall" durch die
Entschädigungseinrichtung der Wertpapierfirmen (EdW). Diese klagte gegen EY
weil aus ihrer Sicht der Eintritt des Entschädigungsfalles bereits
spätestens im Mai 2003 und nicht erst im Frühjahr 2005 festgestellt worden
wäre, wenn pflichtgemäß geprüft worden wäre. Dann hätte die Klägerin
wesentlich geringere Entschädigungen leisten müssen.

Die Klage der EdW wurde sowohl vom Landgericht als auch vom
Oberlandesgericht Stuttgart abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die
Revision der EdW zurückgewiesen.

Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes könne die Klägerin aus dem zwischen
der BaFin und EY geschlossenen Vertrag keine Ansprüche herleiten. Denn der
Vertrag zwischen der Bafin und der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
entfalte keine Schutzwirkung zugunsten der EdW, da - vereinfacht dargestellt
- die EdW nicht Vertragspartei war sondern die Bafin und dieser ja kein
Schaden entstanden sei. So blieben die EdW bzw. die hier Beitrags- und
Sonderumlagepflichtigen Wertpapierfirmen auf dem Verlust sitzen.

Die "Big-Five" und die Großmandate sind aus unserer Sicht aber nur die
Spitze des Eisbergs. Auch kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften machen
möglicherweise "Fehler"; dann eben bei mittelständischen Unternehmen. Hier
sind ebenfalls langjährige Beziehungen entwickelt worden. So hat ein eher
mittelständischer Wirtschaftsprüfer eine Markenrechts-Forderung der Firma
Zamek über 6 Millionen Euro 2013 als werthaltig testiert. Das Unternehmen
musste noch im selben Jahr Insolvenz anmelden. Ein eher amüsanter Fall -
außer eben für Anleger, Lieferanten und Mitarbeiter. Zamek hat einen
türkischen Produzenten von Tütensuppen und Säften mit Namen Tamek vor dem
Landgericht Düsseldorf verklagt, wegen der Namensähnlichkeit und der selben
farblichen Produktausstattung. Und zwar auf 6 Millionen Euro. Tamek widerrum
hat mittlerweile Gegenklage eingereicht und macht geltend, dass Tamek
teilweise in verschiedenen Märkten schon lange vor Zamek existent gewesen
sei - also der Markenname älter sei. Der Fall ist heute (2024) unseres
Wissens noch anhängig. Aber auf jeden Fall ist die Deklaration als
"werthaltige Forderung", die der Bilanz zu einer "schwarzen Null" verholfen
hat, fragwürdig. Das konnten Berater der Mittelstandsanleihe nicht absehen.

Schauen wir zurück und sehen uns die Insolvenz von KTG-Agrar im Jahr 2016
an. Das bei Sigi Hofreiter nicht alles koscher wirkte, war vielen klar. Auch
den beratenden Unternehmen. Aber KTG-Agrar konnte immer wieder auf die
Testate der Wirtschaftsprüfer hinweisen. Erst kurz vor der Insolvenz hat die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Möhrle Happ Luther in einer
Pflichtmitteilung die Bestätigungsvermerke für den Jahres- und
Konzernabschluss widerrufen. Der Grund: "Dass der Rechtsschein der
Werthaltigkeit von Vermögensgegenständen zum Zeitpunkt der Erteilung des
Bestätigungsvermerkes am 12. Mai 2016 und damit vor Einleitung eines
Insolvenzverfahrens beseitigt werden solle." Bestes Juristendeutsch. Oder
laienhaft ausgedrückt: Da rudert aber einer gewaltig zurück und möchte nicht
in den Strudel geraten.

Ganz aktuell die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 16 Millionen Euro des
Insolvenzverwalters Rüdiger Weiß gegen die ehemaligen Wirtschaftsprüfer der
Deutschen Lichtmiete AG. Aus Sicht des Insolvenzverwalters wäre die Deutsche
Lichtmiete und ihre drei operativen Töchter zum 31.12.2019 insolvent
gewesen. Dennoch wurde erfolgreich geprüft und testiert. Berater und Anleger
haben sich auf diese Testate verlassen. Ein vom Insolvenzverwalter in
Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass zum 31.12.2019 für
das Unternehmen keine positive Fortführungsprognose bestanden habe. Damit
sind auch alle folgenden Jahresabschlüsse der DLM ungültig. Die Gerichte
haben das Sagen.

Kapitalmarktberater machen Fehler. Nicht jede Due-Diligence ist wirklich
gut. Die handelnden Personen in einem Unternehmen, das auf den Kapitalmarkt
drängt, wirken nicht immer seriös und vertrauenswürdig. Diese Dinge können
zu Recht kritisiert werden. Aber Niemand sollte vergessen, dass es für alle
Berater sehr schwierig ist, ein geprüftes und testiertes Unternehmen nicht
am Kapitalmarkt zu unterstützen. Manchmal hat man ein ungutes Gefühl -
schaut sich aber dann noch einmal die Jahresabschlüsse und die Prognosen der
Wirtschaftsprüfer an und kommt zu dem Schluss, dass man sich vielleicht
täuscht. Zum Glück hat man zumeist auch Recht. Aber diese Fälle werden nicht
so öffentlichkeitswirksam, denn machen wir uns nichts vor: "Bad news are
good news" und treiben die Auflagezahlen oder die Klicks nach oben.

Zu mwb:

Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassener Wertpapierdienstleister
mit Niederlassungen in Gräfelfing bei München, Hamburg, Hannover, Frankfurt
und Berlin. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet. 1999 erfolgte der
Börsengang. Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der
Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr an den
Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg und Stuttgart.
mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Wertpapierhandel und Corporates &
Markets. Im Wertpapierhandel betreut mwb rund 46.000 Orderbücher für
deutsche und internationale Wertpapiere. Dabei handelt es sich sowohl um
Aktien als auch um festverzinsliche Wertpapiere und offene Investmentfonds.
Damit ist mwb einer der größten Skontroführer in Deutschland.

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