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Europäer ringen nach Wahlsieg von Trump um Kurs

07.11.2024
um 14:59 Uhr

BUDAPEST (dpa-AFX) - Europa ringt nach dem Wahlsieg von Donald Trump um einen gemeinsamen Kurs in der Ukraine- und Sicherheitspolitik. Zu einem Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest machte Gastgeber Viktor Orban deutlich, dass er den Wiedereinzug des Republikaners ins Weiße Haus als Chance für einen schnellen Frieden in der Ukraine sieht. Andere Staats- und Regierungschefs betonten hingegen, dass die Ukraine nicht durch ein Kürzen von Unterstützung in Verhandlungen mit Russland gezwungen werden dürfe.

"Ich hoffe, dass wir ein offenes Gespräch mit den Vereinigten Staaten über die Fortsetzung ihrer Unterstützung führen können", sagte etwa der belgische Regierungschef Alexander De Croo. "Aber wenn sie sich entscheiden sollten, ihre Haltung zu ändern, bedeutet das nicht, dass wir unsere Prioritäten ändern müssen." Er verwies darauf, dass bereits heute mehr als die Hälfte der militärischen Unterstützung für die Ukraine aus europäischen Ländern komme. "Die ganze Vorstellung, dass die Unterstützung für die Ukraine von den Vereinigten Staaten abhängt (...), ist nicht zutreffend", sagte er bei dem Treffen der EPG, die neben den 27 EU-Staaten noch 20 andere europäische Länder wie Großbritannien, die Ukraine und die Türkei vereint.

Muss die Ukraine nun mit Russland verhandeln?

Trump hat zuvor im Wahlkampf mehrfach behauptet, den russischen Angriffskrieg in 24 Stunden beenden zu können. In Europa wird deswegen befürchtet, dass er die Ukraine über einen Stopp der Militärhilfe in Verhandlungen mit Russland zwingen könnte. Aus Sicht der meisten europäischen Staaten wäre ein solches Vorgehen ein gefährlicher Tabu-Bruch. Putin könnte seinen Krieg dann als Erfolg verbuchen und zu weiteren Aggressionen verleitet werden, heißt es.

Moskau fordert von Kiew unter anderem die Abtretung von vier derzeit teilweise durch russische Truppen besetzten Gebieten - zuzüglich der bereits 2014 annektierten Krim.

Für die Europäer stellt sich allerdings die Frage, ob es nicht illusorisch ist, zu denken, dass sie die Ukraine ohne die USA ausreichend unterstützen können, um gegen Russland bestehen zu können. Orban bezweifelt dies und fordert eine neue Strategie der EU für die von Russland angegriffene Ukraine.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte unterdessen Trump vor Zugeständnissen an Kremlchef Wladimir Putin. "Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, dass wir nicht zulassen, dass der Nachbar den anderen tyrannisiert, sondern dass wir für Fairness und die Integrität der Länder sorgen und diese verteidigen", sagte die Deutsche.

Regierungschefs beschwören gutes Verhältnis zu USA

Andere Spitzenpolitiker werben für eine enge Zusammenarbeit mit Trump, aber auch für ein starkes Auftreten Europas. "Trump wird die Interessen der Amerikaner verteidigen, die Frage ist, ob wir bereit sind, die Interessen der Europäer zu verteidigen", sagte etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sprach sich dafür aus, dass die Europäer im übertragenen Sinne "Allesfresser" sein sollten. "Die Welt besteht aus Pflanzenfressern und Fleischfressern. Wenn wir uns entscheiden, Pflanzenfresser zu bleiben, werden die Fleischfresser gewinnen, und wir werden ein Markt für sie sein." Er wolle nicht aggressiv sein, aber es gehe um Verteidigungsfähigkeit.

Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen betonte, aus ihrer Sicht müsse alles getan werden, um ein gutes Verhältnis zu den USA aufrechtzuerhalten. "Das transatlantische Bündnis ist das wichtigste Bündnis für uns als Europäer", sagte sie.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, man könne derzeit noch nicht wissen, wie Trump konkret handeln werde. Sein erstes Gespräch mit ihm nach der Wahl sei aber gut und produktiv gewesen. In einer Videobotschaft am Vorabend hat er die weitere Partnerschaft zwischen den USA und seinem Land in Kriegszeiten beschworen. Wenn Trump das in seiner ersten Präsidentschaft geltende Motto "Frieden durch Stärke" umsetze, werde die ganze Welt davon profitieren, sagte er.

Ampel-Aus auch Thema für Europa

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm wegen des Bruchs seiner Regierungskoalition nicht an dem EPG-Gipfel teil. Er wollte allerdings am Donnerstagabend noch nach Budapest reisen. Dann beginnt dort im direkten Anschluss an den EPG-Gipfel ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. Europäische Partner äußerten die Hoffnung, dass es in Deutschland schnell wieder eine stabile Regierung gibt. Der finnische Regierungschef Petteri Orpo sagte, es brauche eine starke und vereinte deutsche Regierung in Europa./aha/DP/stk