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EQS-News: Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand (deutsch)

08.11.2024
um 09:00 Uhr

Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand

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EQS-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG / Schlagwort(e): Sonstiges
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand

08.11.2024 / 09:00 CET/CEST
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

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"Der Greis ist heiß" (nicht nur der Greis. )

Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG

"Alte Männer sind gefährlich, denn die Zukunft ist egal" sang Udo Lindenberg
in seinem Song "der Greis ist heiß". Und sehr viele Beobachter gerade in
Europa bewerten das Ergebnis der US-Wahl ähnlich. In der Tat wirken die
antidemokratischen Ankündigungen des "MAGA-Präsidenten" wie vieles andere
auch "bedrohlich" und ob diese gesellschaftlichen und politischen
Entwicklungen in USA insgesamt für eine gedeihliche Entwicklung hilfreich
sind, wird hinreichend diskutiert. Wir wollen uns hier aber mit den
Auswirkungen im Falle der Umsetzung der Wahlversprechen des Herrn Trump auf
die Kapitalmärkte befassen. Denn hier wird es ebenfalls spannend.

Denn wir hatten ja bereits im Juli die Glaskugel bemüht und in unserem
Standpunkt "Was wäre, wenn" vieles vorhergesagt was sich nun konkretisiert.
"Don't get us wrong here" - wir hätten lieber unrecht behalten. Die
Rechnung, die das amerikanische Volk für die MAGA Politik am Ende zahlen
wird, könnte astronomisch sein. Die protektionistische Politik und damit
verbundene Zölle dürften die Inflationsspirale ebenso anheizen wie die
migrationsfeindliche Politik die Löhne. Der US-Anleihemarkt nimmt diesen
"Trump-Trade" seit Wochen vorweg und die Renditen sind seit September
bereits deutlich angestiegen auf mittlerweile gut 4,5 % für 10 Jahre. Auch
der deutsche Zins kann sich - EZB hin - oder her - diesem nicht entziehen
und der Bund Future handelt bereits wieder auf den alten Tiefs. Die Aktien
reagieren derweil positiv auf die zunächst unternehmensfreundlich
erscheinende Agenda die Deregulierung - nicht nur im Bankensektor
verspricht. Die US-Finanzaktien waren mit dem größten Gewinner mit
Kurzuwächsen zwischen 10 - 20 %; in der Hoffnung auf höhere Zinsen aufgrund
der ausufernden Staatsverschuldung.

Trump wird sehr darauf achten wollen, dass seine "Inthronisierung" optisch
von einer weiteren Aktienrallye begleitet wird. Trumps Versprechen, die
"Federal-Corporate-Tax" von 21 % auf 15 % zu senken könnte die Gewinne im
S&P 500 zwar um 4 % treiben, wie Goldman Sachs im September errechnet hat.
Aber dieser Effekt dürfte durch steigende Finanzierungskosten neutralisiert
werden.

Denn die angekündigten Zölle auf Importe aus China in Höhe von 60 % würden
nach JPMorgan alleine den Gewinn im SP500 um USD 15,00 belasten und damit
die Hälfte der erwarteten Gewinnsteigerungen für 2025 wieder ausradieren.
Einer bereits vor der Wahl bekanntgewordenen "Maximalplan für allgemeine
Zollerhebungen" von 20 % dürfte das US-GDP um rund 0,8 % belasten, schreiben
die Ökonomen von Bloomberg, und zwar unter der Annahme, dass nur China
Vergeltungszölle erhebt. Auch die Strategen von JP Morgan schätzen die
Auswirkungen all dieser Zollpläne deutlich belastender ein als vor 8 Jahren,
da sich Konjunkturzyklus und Kapitalmarkt in einer wesentlich weiter
fortgeschrittenen Phase befinden. So hat der sogenannte "Trump-Trade" (ergo
die Entwicklung der Märkte gerade in den letzten Wochen) die Bewertungen
schon an ein Top-Level gehoben und lassen weitere Stimulanz durch
fiskalische Maßnahmen deutlich ambitionierter erscheinen.

Die angekündigten Maßnahmen der Trump-Administration dürften das ja ohnehin
schon astronomische Haushaltsdefizit im US-Schuldenbabel in der kommenden
Dekade um weitere 7,75 Billionen USD anschwellen lassen. Eine
Vervierfachung. Aber kein Problem für Trump, der ja seinen Einfluss auf die
Gelddruckmaschine FED ausweiten will und in einem Interview vor kurzem zum
Besten gab, das "er es normal finden würde, wenn der Präsident dem FED
Chairman mitteilt, wie er sich die Notenbankpolitik vorstellt". Na dann!

Mehr als pikant in dem Zusammenhang die Rolle von Elon Musk. Der
milliardenschwere Unternehmer hatte über 130 Millionen Dollar in Trumps
Kampagne investiert und im Gegenzug einen Posten versprochen bekommen. Er
hat bereits gewonnen, denn die Aktien seiner Unternehmen gingen bereits
durch die Decke. Er steuert ein Imperium von 6 Firmen und SpaceX
beispielsweise partnert bereits heute sehr eng und milliardenschwer mit der
NASA und dem Verteidigungsministerium. Tesla kämpft aus gutem Grund bisher
sehr stark mit Regulierung wegen der Probleme beim autonomen Fahren und
Robotaxis. Man darf gespannt sein (oder auch nicht). Warren Buffet sagte
bereits vor Jahren: "There's class warfare, all right, but it's my class,
the rich class, that's making war, and we're winning." Er bekommt wieder
recht.

Klar, auch hierzulande besteht ein großer und wichtiger Wunsch nach mehr
Unternehmern in der doch sehr von Beamten dominierten Politik. Aber
vielleicht sollten wir unseren Wunsch mit dem Begriff "seriös"
konkretisieren.

Und welche Sektoren profitieren? Alles, was noch 2021 jedem ESG Beauftragten
die Haare zu Berge hätten stehen lassen. Das wird sich fortsetzen mit einer
Perfomance die den globalen Temperaturanstieg überholt. Zwei Dinge sind
unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem
Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher (Albert Einstein).

Zusammengefasst dürfen die Ergebnisse der Ankündigungen von Trump den
"Concerns" der meisten Wähler in den USA diametral entgegenstehen, z.B. beim
Thema Inflation. Aber das sich Wahlentscheidungen und Programmatik
widersprechen kennen wir ja gerade in jüngster Zeit hierzulande auch
zunehmend. Es erinnert mich alles an die "Gespenster-Geschichten Comics" die
in meiner Jugend populär waren. Am Ende stand immer der Satz: "Seltsam, aber
so steht es geschrieben". Aber vielleicht gelten auch in USA die alten
Gesetze nach der Wahl: "was interessiert mich mein Geschwätz von gestern".
Wir werden sehen.

Nicht nur der "Greis ist heiß" sondern auch die politische Lage in
Deutschland: es überschlagen sich die Ereignisse. Die
"Fortschrittskoalition" des "wer bei mir Führung bestellt bekommt sie auch"
Kanzlers (The short man) hat erkannt, dass sie und das Land eben führungslos
auf ein Riff zusteuern. Ja, einer muss das Ruder in die Hand nehmen und das
Schiff auf einer Seite links- oder rechtsherum steuern. Und es ist
grundsätzlich ja eine gute Sache, dem Souverän die Entscheidung
zurückzugeben. Nur fürchten wir auf Basis der aktuellen Demoskopie, das eine
wahrscheinliche Konstellation dazu führt das man sich wie schon mehrmals
gemütlich einrichtet und in einvernehmlicher Harmonie der Kurs weiter
geradeaus bleibt. Und wieder war es, als hätten wir es "gerochen" aber da
waren wir auch nicht alleine (
https://www.bondguide.de/topnews/mwb-kapitalmarkt-standpunkt-populismus/ ) .
Dem Kanzler geht es wie immer nicht um das Land. Ab sofort ist nur noch
Wahlkampf.

Der Kanzler möchte noch ein paar Beschlüsse durchbürsten, um mit diesen
seine Wahlchancen (echt jetzt?) zu verbessern. Der fiskalische
Inflationsausgleich ist ein FDP Projekt gegen die inflationsgetriebene
"kalte Progression". Rentenstabilisierung, Asylpolitik und Industriehilfen
sind weitere Punkte. Ob er dafür eine Mehrheit bekommt, ist reine
Wahlkampftaktik. Weil bekommt er Stimmen von CDU oder gar FDP kann er sich
feiern, andernfalls die anderen verurteilen. Was Scholz dem Souverän
vorenthält: "Der Bundestag muss für das laufende Jahr noch einen
Nachtragshaushalt beschließen - sonst könnte eine Haushaltssperre drohen."
Denn auch der Haushalt für 2025 ist noch nicht "im Sack". 2025 startet also
wahrscheinlich mit einer vorläufigen Haushaltsführung, während der man sich
auf das nötigste beschränken muss. Und damit der Kanzler seine Wahlkampfshow
aufführen kann drohen dem Lande insgesamt noch Monate Stillstand.

Denn selbst wenn im März dann gewählt würde, bis die sodann sicher fälligen
Koalitionsverhandlungen zum Abschluss kommen blühen bereits die Krokusse.
Wie auch immer es kommt, eine für den Kapitalmarkt aus unserer Sicht
erstrebenswerte Gesetzgebung der Ampel wird nun zuversichtlich im
parlamentarischen Prozess scheitern: "das Altersvorsorgedepot". Derweil
registrieren wir mit Verkehrsminister Wissing den ersten Überläufer auf das
sinkende Ampelschiff. "Seltsam, aber so steht es geschrieben". Aber es gibt
auch einen Lichtblick: man hört von einem Ende des Ukrainekonfliktes? Ob das
realistisch ist? Wir wissen es nicht. Aber die Folge wäre eine drastische
Entspannung gerade bei den Energiepreisen. Heißt es auch in Moskau: "Der
Greis ist heiß"?

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