Tschechiens Regierungschef wünscht sich Löhne wie in Deutschland
PRAG (dpa-AFX) - In Tschechien ist 35 Jahre nach der demokratischen Wende eine Debatte über die immer noch vergleichsweise niedrigen Verdienste entbrannt. "Wir hätten Löhne wie in Deutschland oder Österreich verdient", forderte der liberalkonservative Regierungschef Petr Fiala. Sein Ziel sei es, prosperierende Firmen anzulocken, die bereit seien, ihren Mitarbeitern ebenso viel zu zahlen wie Angestellten in Bayern.
Tschechische Wirtschaftsexperten reagierten skeptisch. Das Ziel, die westlichen Nachbarn einzuholen, sei unrealistisch, meinte der Chef-Ökonom der Prager Trinity Bank, Lukas Kovanda. Tatsächlich habe sich der Rückstand bei der Lohnentwicklung in den vergangenen fünf Jahren noch vergrößert. Deutschland und Österreich liefen Tschechien davon.
Fialas Forderungen seien außerhalb der Realität, sagte auch Pavel Sobisek von der Unicredit Bank. Die Regierung solle sich lieber auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Wachstum konzentrieren. Der Oppositionschef und Milliardär Andrej Babis, der selbst oft wegen polemischer Äußerungen in der Kritik steht, warf Fiala Populismus vor.
Viele deutsche Firmen nutzen Tschechien als sogenannte verlängerte Werkbank. Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat lag der durchschnittliche vollzeitäquivalente Bruttolohn pro Jahr in Deutschland 2023 mehr als doppelt so hoch wie in Tschechien. In der Bundesrepublik waren es demnach 50.998 Euro, im östlichen Nachbarland 23.454 Euro./hei/DP/jha