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'Sabotage': Frühere Ampel-Partner gehen auf FDP los

01.12.2024
um 13:14 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - SPD und Grüne haben nach dem umstrittenen "D-Day-Papier" das Vorgehen ihres früheren Koalitionspartners FDP verurteilt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, Parteichef Chef Christian Lindner und seine FDP hätten die Arbeit der Ampel-Regierung über Monate hinweg "systematisch sabotiert". "Sie wollten aktiv verhindern, dass diese Bundesregierung erfolgreich ist", sagte Scholz bei einer Wahlkampfkonferenz der SPD am Samstag in Berlin. "So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren." Grünen-Chefin Franziska Brantner bezweifelt, dass Lindner keine Kenntnis vom "D-Day"-Papier hatte.

FDP in der Krise

In dem Papier wird der mögliche Ausstieg der FDP aus der Ampel mit militärischen Begriffen wie "D-Day" und "offener Feldschlacht" beschrieben. Nach dem Bekanntwerden des Papiers traten FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann am Freitag zurück. Als möglicher neuer FDP-Generalsekretär gilt der frühere Justizminister Marco Buschmann. Er war von 2014 bis 2017 Bundesgeschäftsführer der FDP. Eine Entscheidung, wer Djir-Sarai nachfolgt, wird zeitnah erwartet.

Lindner hatte zum Arbeitspapier seiner Partei gesagt, dieses sei nie in politischen Gremien besprochen worden, und er habe davon keine Kenntnis gehabt. Den Mitarbeitern, die das Papier entworfen hätten, mache er keinen Vorwurf. "Ich trage die Gesamtverantwortung für die FDP, und zu der bekenne ich mich auch", sagte er in den ARD-"Tagesthemen". Die FDP muss um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen.

Scherbengericht nach Ampel-Aus

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrach Anfang November nach einem erbitterten Streit über den Kurs in der Wirtschaftspolitik sowie über die Schuldenbremse. Scholz hatte Finanzminister Lindner am 6. November gefeuert und damit das Ende der Ampel-Koalition besiegelt.

Scholz griff Lindner in seiner ersten großen Wahlkampfrede vor etwa 500 SPD-Parteimitgliedern an. In ernsten Zeiten brauche Deutschland ernsthafte Politik und "keine Spieler und keine Zocker". Die Lindner-FDP sei eine marktradikale Klientelpartei.

Esken: FDP hat Ampel-Bruch monatelang vorbereitet

SPD-Chefin Saskia Esken sagte: "Aus heutiger Sicht war es möglicherweise ein Fehler, Vertrauen in die staatspolitische Verantwortung von Christian Lindner zu setzen." Die FDP habe den Bruch der Koalition von langer Hand geplant und inszeniert wie ein Schauspiel, um sich in eine bessere Position für die Bundestagswahl zu bringen.

Allerdings hatte es auch aus den Reihen von FDP und Union Vorwürfe an den Kanzler gegeben, den Rauswurf Lindners und damit den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt zu haben. Lindner hatte von einer "Entlassungsinszenierung" von Scholz gesprochen.

Grüne bezweifeln Lindners Darstellung

Der Grünen-Parteivorsitzende Felix Banaszak äußerte Zweifel an Lindners Darstellung, nichts vom "D-Day"-Papier gewusst zu haben. Die FDP sei eine "sehr autoritär geführte Partei", sagte Banaszak in Cottbus beim Parteitag des Brandenburger Landesverbandes der Grünen. Man müsse sich fragen, von was für "Leuten" man regiert werden wolle, die so mit der Wahrheit und Unwahrheiten umgingen.

FDP-Landeschef verteidigt Leitplanken der Partei

Lindner bekam auf FDP-Landesebene Unterstützung für seinen Kurs in der früheren Ampel. Der Landesvorsitzende der FDP in Mecklenburg, René Domke, sagte, die Liberalen hätten im vergangenen Bundestagswahlkampf und auch danach darauf bestanden, weder neue Schulden zu machen noch die Steuern zu erhöhen. Das seien die Leitplanken der FDP gewesen. "Und unsere Koalitionspartner wollten diese Leitplanken einreißen, um uns bloßzustellen, um uns zu demütigen", sagte Domke auf einem Landesparteitag in Schwerin.

Das interne Papier sei nicht die Strategie Lindners gewesen. Domke distanzierte sich von einzelnen Formulierungen: "Wir müssen nicht über Schlachtfelder reden, wir müssen nicht über D-Day reden, und wir müssen auch nicht über einen Tag X reden."/hoe/DP/mis