Studie: Unerwartet hohe Inflation stärkt Parteien an Rändern
KIEL (dpa-AFX) - Parteien am linken und rechten Rand können einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kiel zufolge allein wegen der zuletzt unerwartet hohen Inflation und der schwierigen wirtschaftlichen Lage bei der vorgezogenen Bundestagswahl mit mehr Stimmen rechnen.
Inflation und Wachstum seien in den vergangenen drei Jahren deutlich von den Erwartungen abgewichen, sagte Studien-Co-Autor und IfW-Forscher Jonathan Federle. "Insgesamt dürfte die Zustimmung zu radikalen Parteien am linken und rechten Rand dadurch um zwei Prozentpunkte zugelegt haben."
365 Wahlen in 18 Industrieländern untersucht
Das IfW hat in seiner Studie "Inflation Surprises and Election Outcomes" nach eigenen Angaben 365 Wahlen in 18 Industrieländern zwischen 1948 und 2023 analysiert. Das Ergebnis: Ein Inflationsschock von zehn Prozentpunkten während einer Legislaturperiode in Verbindung mit unterdurchschnittlich wachsenden Reallöhnen führe zu einem Anstieg des Stimmenanteils populistischer und extremistischer Parteien bei der folgenden Wahl um 2,8 Prozentpunkte. Unerwartete Veränderungen des Bruttoinlandsprodukts erhöhten ebenfalls die Zustimmung.
Auf der anderen Seite verringerten positive Überraschungen den Zulauf. Denn falle das Wachstum um einen Prozentpunkt höher aus als erwartet, sinke der Stimmenanteil radikaler Parteien um etwa 0,25 Punkte. Ebenfalls dämpfend wirkten Lohnerhöhungen. Glichen sie den Inflationsschock aus, liege der Stimmenzuwachs für Parteien am linken und rechten Rand nur bei 1,3 Prozentpunkten.
Extreme Parteien profitieren von hohen Preissteigerungen
Diese Ergebnisse gelten demnach für Zeiten unerwartet hoher Inflation wie etwa die Ölkrise der 1970er Jahre oder der Preisschock nach der Corona-Pandemie und ließen sowohl einen Teil des Zuspruchs für Donald Trump in den USA als auch für die AfD und das BSW in Deutschland erklären.
"Extreme Parteien profitieren, wenn die Preissteigerungen höher ausfallen als erwartet und Arbeitnehmer und andere Wirtschaftsakteure keine Möglichkeit hatten, sich durch angemessene Lohnerhöhungen auf die Inflation vorzubereiten", sagte Federle.
Steige die Inflation unerwartet schneller als die Reallöhne verstärke dies zudem die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. So haben der Untersuchung zufolge negative Inflationsüberraschungen einen signifikanten Einfluss auf die Zahl von Demonstrationen und Streiks gegen die Regierungspolitik. So steige die Zahl der Demonstrationen um etwa acht Prozent, wenn die tatsächliche Inflation um einen Prozentpunkt über den Erwartungen liege./klm/DP/ngu