POLITIK/ROUNDUP: Scholz ruft zu Investitionen in der Ukraine auf
BERLIN (dpa-AFX) - Der Wirtschaftsaustausch zwischen der Ukraine und Deutschland wächst - und Bundeskanzler Olaf Scholz ruft die deutsche Wirtschaft zum Engagement in dem vom Krieg erschütterten Land auf. "Wenn Sie heute und in den kommenden Jahren in die Ukraine investieren, dann investieren Sie in ein künftiges EU-Mitglied", sagte der SPD-Politiker bei einem Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin.
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal warb für eine noch stärkere Zusammenarbeit in den Bereichen Digitale Technologien, Agrar, Rüstung und Energie. "Mit Deutschland haben wir die größten gemeinsamen Unternehmen im Rüstungsbereich", sagte er.
Scholz: Deutschland fest an Seite der Ukraine
"Wir werden nach dem Krieg Wachstumsraten und Entwicklungschancen in der Ukraine sehen, wie wir sie allenfalls aus den mittel- und osteuropäischen Ländern kennen, die der EU in den letzten zwei Jahrzehnten beigetreten sind", sagte Scholz. Die deutsche Wirtschaft habe an diesen Erfolgsgeschichten großen Anteil gehabt und selbst davon profitiert. "So etwas wünsche ich mir auch mit Blick auf die Ukraine." Etwa 2.000 deutsche Unternehmen seien dort aktiv. "Viele von ihnen planen zusätzliche Investitionen. Sie helfen, das Land wieder aufzubauen", sagte Scholz.
Deutschland stehe fest an der Seite der Ukraine, bekräftigte der Kanzler und kündigte Winter-Hilfen an. So stelle die Bundesregierung 70 Millionen Euro für kleinere Blockheizkraftwerke, Kesselanlagen, Generatoren und Solaranlagen zur Verfügung. Kremlchef Wladimir Putin habe die Ukraine auch wirtschaftlich nicht zerstören können, obwohl er mit gezielten Angriffen auf die Energieversorgung, auf Produktionsstätten, auf Straßen und Brücken alles daran setze.
Handelsvolumen auf Rekordhöhe
Trotz der ständigen Bedrohungen und Unsicherheiten durch den Krieg erreiche der deutsch-ukrainische Handel in diesem Jahr einen Rekordwert von mehr als zwölf Milliarden Euro, sagte Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Deutsche Unternehmen hätten die Chance, zum Wiederaufbau der Ukraine beizutragen, sei es im Energiesektor, bei der Modernisierung von Gebäuden oder in der technologischen Entwicklung.
Im bilateralen Handel 2023 exportierte Deutschland Waren für 6,9 Milliarden Euro in die Ukraine - Rüstungsgüter eingerechnet - und importierte Waren für 2,9 Milliarden Euro. Zu den Importen aus der Ukraine gehörten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vor allem Agrarerzeugnisse, Kraftfahrzeugteile und Lebensmittel.
Die Ukraine als Europas Gasspeicher
Die wegen des Krieges rasch wachsende ukrainische Rüstungsbranche beschäftige bereits mehr als 300.000 Menschen in etwa 800 Unternehmen, sagte Schmyhal. "Unsere Rüstungsproduktion nimmt Fahrt auf und beträgt 2024 bereits etwa 30 Milliarden US-Dollar." Zu den gemeinsamen Projekten mit Deutschland gehörten Reparatur und Wartung von Rüstungstechnik und Panzern, die Produktion moderner Schützenpanzer sowie Systemen der Flugabwehr.
Der Ministerpräsident dankte dafür, dass nach Kriegsbeginn 2022 kein einziges deutsches Unternehmen den ukrainischen Markt verlassen habe. Beim wirtschaftlichen Potenzial seines Landes unterstrich er auch die Vorräte an seltenen Erden und Metallen sowie die großen Speicherkapazitäten bei Erdgas. "Wir haben die größten unterirdischen Gasspeicher in Europa von über 30 Milliarden Kubikmeter, die zum Gas-Safe von Europa werden können."
Habeck: Ukraine muss noch Hausaufgaben machen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die wirtschaftliche Grundlagenarbeit, die nun geleistet werde, könne nach dem Krieg zu einer florierenden Kooperation führen. Die Ukraine habe auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft trotz des Krieges große Fortschritte bei Reformen erzielt.
Zugleich betonte Habeck, dass auf diesem Weg noch einige Hausaufgaben zu machen seien wie im Kampf gegen die Korruption. Aber auch die EU müsse sich fit machen. Der Minister sprach von einem "ganz schönen Brocken", die Ukraine sei das größte Flächenland. Die Agrarförderpolitik müsse umgestaltet werden. Dies dürfe die EU aber nicht von einer Aufnahme der Ukraine abhalten./fko/DP/jha