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ROUNDUP/Vor neuer Trump-Ära: Heftige Attacken im Ukraine-Krieg

18.01.2025
um 07:35 Uhr

KIEW/MOSKAU (dpa-AFX) - Kurz vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump versuchen Russland und die Ukraine ihre Ausgangsposition für mögliche Friedensverhandlungen zu verbessern. Beide Seiten wollen Stärke demonstrieren - und überziehen sich mit neuen Angriffen: Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Großstadt Krywyj Rih wurden vier Menschen getötet, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft sagte. Am frühen Samstagmorgen wurden dann aus der Hauptstadt Kiew Explosionen gemeldet. Aus Russland wiederum hieß es, ukrainische Drohnen hätten in der Nacht nahe Moskau zwei Treibstofflager in Brand gesetzt.

Während des Wahlkampfs hatte Trump mehrfach behauptet, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Nach seinem Wahlsieg äußerte sich der Republikaner zurückhaltender und erklärte mit Blick auf ein mögliches Ende des Krieges, er hoffe, sechs Monate Zeit zum Erreichen dieses Ziels zu haben. In der Ukraine ist die Angst groß, dass Trump nach seiner Vereidigung die US-Militärhilfe drastisch zurückfahren und dem Land so eine Niederlage bescheren könnte.

Selenskyj sagte, bei dem Angriff auf die Industriestadt Krywyj Rih im Gebiet Dnipropetrowsk habe es neben den Toten auch 14 Verletzte gegeben. "Diese Angriffe und Verluste hätten verhindert werden können, wenn wir über die Luftabwehrsysteme verfügen würden, über die wir seit langem mit unseren Partnern diskutieren - Systeme, die es in der Welt bereits gibt", sagte Selenskyj.

Krywyj Rih ist die Geburtsstadt Selenskyjs. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor knapp drei Jahren haben die Invasoren die Stadt im Süden der Ukraine immer wieder beschossen.

Laut ukrainischen Medienberichten gab es am Samstagmorgen auch Explosionen in Kiew. In der ganzen Stadt sei Luftalarm ausgelöst worden. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurden eine Metrostation und eine Wasserleitung beschädigt. Über Opfer wurde zunächst nichts bekannt. Klitschko forderte die Bürger via Telegram auf, in Schutzräumen zu bleiben.

Russland: Ukrainische Angriffe setzen Treibstofflager in Brand

In den russischen Regionen Tula und Kaluga gerieten russischen Angaben zufolge in der Nacht zu Samstag zwei Treibstofflager durch ukrainische Drohnenangriffe in Brand. Ein Öltank eines Unternehmens sei getroffen worden, teilte Gouverneur Dmitry Miljaew auf Telegram mit. Es habe keine Verletzten gegeben. Die Löscharbeiten liefen. Insgesamt seien fünf Drohnen zerstört worden. Unabhängig ließen sich die Angaben nicht überprüfen.

Nur wenige Stunden zuvor hatte Russland gemeldet, in der Region Kaluga südwestlich von Moskau sei ein Tanklager durch einen ukrainischen Drohnenangriff in Brand geraten. Es habe einen Industriebetrieb in der Stadt Ljudinowo getroffen, teilte der Gouverneur der Region mit. Tote und Verletzte gebe es bisherigen Erkenntnissen zufolge nicht. Ljudinowo liegt etwa 350 Kilometer von Moskau entfernt.

Russland und die Ukraine überziehen sich gegenseitig immer wieder mit Angriffen aus der Luft. Kiew zielt dabei neben militärischen Einrichtungen auch verstärkt auf Treibstofflager, um die Logistik und den Nachschub des russischen Militärs zu schwächen.

Die Ukraine wehrt sich seit Februar 2022 gegen Russlands Angriffskrieg und ist dabei auf westliche Militärhilfe angewiesen. Unter der scheidenden Regierung von Joe Biden sind die USA der wichtigste Unterstützer und größte Waffenlieferant der Ukraine. Trumps Amtsübernahme könnte das ändern - sein Ansatz schien bislang darauf abzuzielen, die Konfliktparteien massiv unter Druck zu setzen, um Verhandlungen und einen schnellen Frieden zu erzwingen.

Gasstreit: Selenskyj lobt slowakische Opposition

Vor dem Hintergrund des Gasstreits mit der slowakischen Regierung lobte Selenskyj die Opposition im westlichen Nachbarland. Er habe sich mit Oppositionsführer Michal Simecka getroffen und sei froh, dass er mit ihm in Fragen der Energiesicherheit einig sei, berichtete Selenskyj in seiner Videobotschaft.

Zwischen Selenskyj und dem slowakischen Regierungschef Robert Fico war es zuletzt zu offenem Streit über die russischen Gaslieferungen gekommen, die bis Jahresende trotz des Moskauer Angriffskriegs weiter über das ukrainische Pipelinesystem nach Europa liefen. Doch Kiew verlängerte den auslaufenden Vertrag nicht - und zog sich mit dem lange vorher angekündigten Schritt den Unmut Ficos zu. Der Ministerpräsident, den Kritiker als linkspopulistischen Russlandfreund bezeichnen, kritisierte das Transitende scharf und drohte im Gegenzug mit einem Stopp der Stromlieferungen in die Ukraine.

Scholz hofft auf Kriegsende in diesem Jahr

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hofft, dass der Krieg in der Ukraine noch in diesem Jahr beendet werden kann. Es müssten jetzt alle Möglichkeiten ausgelotet werden, "wie das Töten aufhört und ein Frieden möglich wird", sagte er bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Wolfsburg. "Ich wünsche mir, dass das dieses Jahr gelingt, ob das möglich ist, werden wir sehen." Eine Friedenslösung dürfe aber nicht über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg beschlossen werden, betonte er - offensichtlich auch mit Blick auf die bevorstehende Vereidigung Trumps als US-Präsident.

SPD-Chef Lars Klingbeil wurde in seiner Rede deutlicher. Er habe eine wichtige Botschaft an die neue US-Regierung: "Wir gucken nicht zu, falls ihr einen faulen Deal mit (Kremlchef) Wladimir Putin machen solltet. Es kann keine Entscheidung über die Köpfe der Ukrainer und Ukrainerinnen hinweg geben. Das ist sozialdemokratische Politik."

Scholz bekräftigte, dass er die Bundestagswahl auch zu einer Abstimmung über die Finanzierung der weiteren Ukraine-Hilfe in Milliardenhöhe machen wolle. "Es sind einige dabei, das Volk hinter die Fichte zu führen", sagte er. Sie erklärten nicht, wo das Geld herkommen soll. "Das, bitte, muss man vor der Wahl sagen, und darüber dürfen die Bürgerinnen und Bürger abstimmen."

Scholz will neuen Waffenlieferungen im Wert von drei Milliarden Euro nur zustimmen, wenn sie über das Aussetzen der Schuldenbremse finanziert werden. Union, FDP und Grüne befürworten eine "außerplanmäßige Ausgabe"./hme/DP/zb