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WAHL 2025/ROUNDUP: Habeck will Konsens-Signal mit Merz und Scholz

05.02.2025
um 06:35 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl schlägt der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ein gemeinsames Konsens-Signal mit den Konkurrenten von SPD und Union vor. "Wir könnten jenseits des Streits einmal ein Signal senden, dass es einen stabilen demokratischen Konsens der Mitte immer noch gibt", sagte Habeck in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Bei Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU) und ihm gebe es mehr Übereinstimmendes als Trennendes.

"Vielleicht gelingt es ja Scholz, Merz und mir, drei, vier Punkte (...) zu identifizieren, jetzt (.) vor dem Endpunkt des Wahlkampfs, wo wir sagen: Da stimmen wir alle überein." Neben einer innerhalb der EU solidarischen Antwort auf Trump und der Ukraine-Unterstützung nennt Habeck ähnliche Ansätze von Union, SPD und Grünen hinsichtlich einer Entlastung bei den Strompreisen, "um die Wirtschaft nach vorn zu bringen".

Habeck fordert "ein Signal (...), dass das Land zusammenkommt". Deutlich werden sollten dabei bestimmte Prinzipien, die für jede Regierung gelten würden - "egal wer Bundeskanzler wird oder wie die politische Debatte danach ausgeht", so der Grünen-Wirtschaftsminister. Wichtig sei, "dass man einmal deutlich macht, dass es mehr ist, was wir gemeinsam haben, als was uns trennt". Er macht seinen Vorschlag vor dem Hintergrund von Demonstrationen gegen AfD und CDU nach der gemeinsamen Unionsabstimmung mit der AfD für einen schärferen Asylkurs sowie Sorgen um Konsenskultur und demokratische Mitte.

Habeck verteidigt Asyl-Vorschläge

Zuletzt gab es beim Thema Asyl Streit bei den Grünen selbst. Eine "Sicherheitsoffensive" Habecks, vorgestellt im Kern vergangene Woche, löste heftige Reaktionen bei der Grünen Jugend Niedersachsen aus. In dem 10-Punkte-Plan forderte Habeck unter anderem mehr Abschiebungen. Vorgehalten wurde Habeck in sozialen Medien daraufhin "eine menschenfeindliche Abschiebepolitik, die sich an rechten Narrativen orientiert". Spitzengrüne von Land und Bund stellten sich hinter Habeck.

Habeck verteidigt seine Vorschläge. Es seien bereits viele Regeln verschärft worden. Doch die Regeldurchsetzung lasse zu wünschen übrig. Als Beispiel nennt Habeck bei Lanz insgesamt rund 170.000 Haftbefehle in Deutschland, die vollzugspflichtig seien. Ähnlich sei es beim Thema Asyl: Unterm Strich seien etwa 40.000 Menschen "eigentlich rückführungspflichtig", doch bei den meisten scheitere es am Vollzug - etwa an mangelnden Rückführungsabkommen.

Noch Einigung vor der Wahl?

Vor Habeck hatte auch die FDP mit einem Vorschlag für eine Einigung der ehemaligen Ampel-Parteien und der Union noch vor der Wahl Schlagzeilen gemacht, dabei ging es allerdings nur um das Thema Migration. Vor allem bei der in Umfragen hinten liegenden SPD hatte man indessen neue Hoffnung geschöpft, nachdem Merz nach seinem Manöver unter Druck geraten war. Merz erteilte jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD daraufhin erneut eine Absage.

In der Debatte um Merz und die AfD warnt Habeck vor negativen Folgen für die Union, falls sie weiter Mehrheiten mit der AfD ermöglichen würde. Die Union würde "dadurch am Ende aufgefressen werden". Merz habe einen schweren politischen Fehler begangen. "Fehler kann man heilen, das würde voraussetzen, dass man sie als Fehler akzeptiert oder sieht." Er würde eine Fehlerkorrektur bei Merz begrüßen.

Der CDU-Kandidat habe SPD und Grüne erpresst, indem er vor der Bundestagsabstimmung gedroht habe, seine Asylvorschläge bei rot-grüner Nichtzustimmung mit der AfD durchzusetzen. Von Merz war Habeck nach dessen Angaben signalisiert worden, dass ein persönliches Gespräch über die Asylpunkte nicht erforderlich oder gewünscht sei. Nun drohe - so Habeck - in Deutschland die politische Konsenskultur verloren zu gehen. Dies wären dann amerikanische Verhältnisse. Zugleich glaubt der Grünen-Politiker nach eigenen Angaben Merz, dass dieser nicht mit der AfD koalieren würde.

Habeck fordert EU-Verfahren und teilt gegen GroKo aus

Habeck machte sich ferner für EU-Vertragsverletzungsverfahren stark in Fällen, in denen Staaten Asylbewerber nicht aus Deutschland zurücknehmen, die sie nach den EU-Dublin-Regeln zurücknehmen müssten. Solche Verfahren seien "sehr schmerzhaft" und deshalb wirksam.

Der Grünen-Kandidat räumte Probleme mit den noch geltenden europäischen Asylregeln ein. Doch werde sich die Lage bessern. Nach acht Jahren sei es gelungen, mit allen Mitgliedstaaten ein besseres System als das Dublin-System zu verabreden - "Immerhin, hätte ja auch schon bei der GroKo sein können", so Habeck mit Blick auf das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). Eine umfangreiche GEAS-Reform, auf die sich die EU 2024 geeinigt hatte, soll ab 2026 gelten. Habeck spricht von einem "deutlich besseren" System, da Anreize verschwänden, Flüchtlinge einfach durchzulassen oder nicht zurückzunehmen.

Vor diesem Hintergrund wehrt Habeck eine Nachfrage nach Kritik aus der Grünen Jugend an seinen Migrationsforderungen ab. "Was soll ich mit der Grünen Jugend, wir reden doch hier über das System."/bw/hrz/DP/zb