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WAHL 2025/ROUNDUP: Wagenknecht will knappes Wahlergebnis womöglich anfechten

24.02.2025
um 12:09 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Nach dem sehr knappen Scheitern bei der Bundestagswahl erwägt das Bündnis Sahra Wagenknecht eine rechtliche Überprüfung des Ergebnisses. Dies kündigten die Vorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali in Berlin an. Wagenknecht legte sich vorerst nicht fest, ob sie an der Spitze der 2024 gegründeten Partei bleiben will. Das Projekt BSW werde aber Bestand haben, sagte die 55-Jährige.

Das BSW war bei der Bundestagswahl am Sonntag mit 4,97 Prozent der Stimmen denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Eine mögliche rechtliche Handhabe sieht die Parteispitze, weil von den 230.000 registrierten Wahlberechtigten im Ausland wegen kurzer Fristen viele ihre Stimme nicht hätten abgeben können.

Nur 13.400 Stimmen fehlten

Wagenknecht sagte, es hätten nur etwa 13.400 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt. "Das ist nicht von der Hand zu weisen, dass das durchaus bei einer flächendeckenden Wahl der Auslandsdeutschen möglich gewesen wäre." Es stelle sich die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Ergebnisses.

Die Co-Direktorin des Düsseldorfer Universitätsinstituts für Parteienrecht, Sophie Schönberger, sieht allerdings keinen Verfassungsanspruch auf Briefwahl und hält eine Klage daher für aussichtslos, wie sie der "Zeit" sagte.

Mohamed Ali verwies zudem auf mögliche Verwechslungen des BSW mit der Partei Bündnis Deutschland in einigen Wahllokalen, etwa in Aachen. Man müsse sehen, ob dies relevant sei. Sie sagte: "Wir werden die Sache jetzt juristisch überprüfen lassen."

Strafanzeige geplant

Strafanzeige will Wagenknecht nach eigenen Worten stellen, weil am Wahltag nach ihrer Darstellung falsche Umfragewerte auf der Plattform X veröffentlicht worden seien. Dort sei das BSW nur mit drei Prozent angegeben worden. Das habe Wählerinnen und Wähler womöglich beeinflusst.

Wagenknecht wiederholte auch ihre Vorwürfe, dass das BSW im Wahlkampf von Medien ausgegrenzt und von einzelnen Umfrageinstituten bewusst mit zu niedrigen Werten geführt worden sei. Dass ein Institut das BSW weniger als 48 Stunden vor der Wahl auf drei Prozent "gesetzt" habe, das "war keine Wahlprognose, sondern eine gezielte Aktion, zur Manipulation von Wahlverhalten".

Wagenknecht lässt Frage nach Rückzug offen

Die Parteichefin war im Oktober 2023 nach langem Streit aus der Linken ausgetreten und hatte Anfang 2024 das BSW gegründet. Vor einigen Tagen hatte sie gesagt: "Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft. Wer nicht im Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr."

Auf einen Rückzug von der Parteispitze wollte sie sich aber am Tag nach der Wahl nicht festlegen. Dies werde in den Gremien beraten, sagte Wagenknecht in Berlin. Wenn es ein Ergebnis gebe, werde man dies mitteilen. Auf Nachfrage sagte sie: "Ich weiß, dass Sie das sehr gerne jetzt hören möchten, und deshalb werde ich Ihnen diesen Gefallen jetzt nicht tun."

"Bitterer Beigeschmack"

Wagenknecht räumte ein, dass das Ergebnis einen bitteren Beigeschmack habe. "Dass sich unsere Gegner so viel Mühe gemacht haben, uns niederzukämpfen und aus dem Bundestag zu drängen, ehrt uns. Dass sie vorläufig Erfolg hatten, ist ein Rückschlag. Er wird das BSW als erfolgreiches Parteiprojekt aber nicht beenden." Der Partei seien im ersten Jahr beispiellose Erfolge gelungen.

Als Gründe für das knappe Scheitern bei der Bundestagswahl nannte sie unter anderem Mangel an Geld und Personal für den kurzen Wahlkampf. Auch die Regierungsbeteiligung in Thüringen und Brandenburg sei für das BSW ein Dilemma gewesen, weil hohe Erwartungen nicht unmittelbar zu erfüllen gewesen seien. Das zentrale Wahlkampfthema Migration sei kein Alleinstellungsmerkmal für das BSW gewesen, mit sozialen Themen sei man in den Medien nicht mehr vorgekommen.

Wagenknecht verteidigte noch einmal, dass die Partei bisher nur 1200 Mitglieder aufgenommen hat. Das sei anders nicht möglich gewesen. Sie bedauerte, dass einige Unterstützer sich zurückgewiesen gefühlt hätten. "Wir werden das in Zukunft auf jeden Fall anders machen."/vsr/DP/jha