Umfragen: Kita-Personal oft überlastet
BERLIN (dpa-AFX) - Viele Kita-Beschäftigte in Deutschland leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen und Überlastung. Das geht aus einer nicht-repräsentativen Analyse hervor, die die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin vorgestellt hat. Demnach gab ein Großteil der befragten Kita-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an, krank zur Arbeit zu gehen und ihre Arbeit "gehetzt und unter Zeitdruck" zu erledigen.
Die Publikation mit dem Titel "Kita-Krisenbuch - Systemversagen aufdecken" basiert auf zwei nicht-repräsentativen Befragungen von Kita-Beschäftigten und 28 anonymisierten Erfahrungsberichten aus Einrichtungen in Deutschland. An der jüngsten Befragung im Herbst 2024, die die Gewerkschaft Verdi in Kooperation mit der Hochschule Fulda durchgeführt hat, nahmen bundesweit 930 Kita-Beschäftigte teil.
Eine weitere Verdi-Befragung mit mehr als 12.600 Teilnehmern gab es zwischen Februar und April des vergangenen Jahres. Hier gaben 72 Prozent der Befragten an, dass Stellen in ihrer Einrichtung unbesetzt seien. 45 Prozent berichteten von Qualitätseinbußen bei der Betreuung der Kinder.
Erzieherinnen berichten von Alltag am Limit
In den anonymisierten Erfahrungsberichten schildern Kita-Leitungen und Erzieherinnen die Auswirkungen von krankheitsbedingten Ausfällen, täglicher Überlastung und auch von Situationen, in denen das Kindeswohl gefährdet ist. Eine Erzieherin schreibt: "Der Druck wächst, und ohne Unterstützung ist es nur eine Frage der Zeit, bis das System endgültig zusammenbricht."
Die Studienautorinnen, neben Kita-Beschäftigten auch Mitarbeiterinnen der Gewerkschaft Verdi und der Rosa-Luxemburg-Stiftung, beschreiben in ihrer 40-seitigen Analyse "unhaltbare Zustände". Der akute Personalmangel führe "nicht nur zu reduzierten Betreuungszeiten und der Schließung ganzer Kita-Gruppen, sondern auch zu institutioneller Kindeswohlgefährdung und Langzeiterkrankungen", lautet das Fazit.
Es sei ein Thema, das viele Eltern "jeden Tag erleben und erleiden" würden, erklärte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Jan Korte. Bundesweit würden etwa 380.000 Betreuungsplätze fehlen.
"Es bräuchte eigentlich ein Sondervermögen für Kitas", sagte er. Milliarden-Ausgaben für Verteidigung, wie sie die aktuell miteinander sondierenden Parteien CDU, CSU und SPD planten, könnten eher auf Kosten des sozialen Bereichs gehen, fürchtet Korte. Der Bund beteilige sich bislang mit "lächerlichen Summen" am Kita-Ausbau. Ohne eine komplette Neuausrichtung der Politik könne es nicht gehen.
Verdi: Kindeswohl in Einrichtungen gefährdet
"Bildung ist schon lange nicht mehr möglich in den Kitas", sagte Verdi-Gewerkschaftssekretärin Tina Böhmer. Der Berufsstand stehe vor einem "kollektiven Notstand", die Erfahrungsberichte seien ein "Abbild institutioneller Kindeswohlgefährdung". Aus ihrer Sicht müsste dringend in einen besseren Personalschlüssel investiert werden. Das System stehe sonst vor dem Zusammenbruch.
Die Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, Heidi Reichinnek, warf den politisch Verantwortlichen vor, der Kita-Krise "tatenlos" zuzuschauen. "Die Ziele der frühkindlichen Bildung geraten völlig außer Reichweite", sagte Reichinnek./yydd/DP/nas