dpa-AFX Compact

ROUNDUP 2: Schlichtung und Warnstreik-Pause im öffentlichen Dienst

18.03.2025
um 13:50 Uhr

(neu: Aktualisiert.)

POTSDAM (dpa-AFX) - Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sollen nun Schlichter bis Anfang April eine Lösung für die Einkommen und Arbeitszeiten von mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen finden. Vor Beginn der Schlichtung kann es bis Donnerstag noch vereinzelt Warnstreiks geben
- so wie am Dienstag in Kiel, wo sich 1.500 Beschäftigte zu einem
Streikfrühstück trafen. Aktionen mit großen Auswirkungen in Kitas, Kliniken oder bei Verkehrsbetrieben sind aber nach Angaben der Gewerkschaft Verdi vorerst nicht mehr geplant.

Arbeitgeber von Bund und Kommunen hatten mit den Unterhändlern von Verdi und vom dbb Beamtenbund auch nach vier Tagen zäher Verhandlungen in Potsdam keinen Tarifabschluss erreicht. Beide Seiten warfen sich am Montagabend gegenseitig vor, sich zu wenig bewegt zu haben. "Wir müssen die Schlichtung einleiten", sagte die Verhandlungsführerin des Bundes, Innenministerin Nancy Faeser.

Schlichtung nach festen Regeln

Das ist ein Vermittlungsverfahren nach festen Regeln, das Gewerkschaften und Arbeitgeber für solche Fälle vereinbart haben. Während der Schlichtung gilt die sogenannte Friedenspflicht - also der Verzicht auf Warnstreiks. Die Arbeitgeber benannten als Schlichter den früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), die Arbeitnehmerseite den früheren Bremer Finanzstaatsrat Hans-Henning Lühr.

Beraten wird in einer Schlichtungskommission, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl vertreten sind. Die Kommission muss binnen einer Woche nach ihrem ersten Zusammentreten eine Empfehlung beschließen. Kann sie sich nicht einigen, gibt der stimmberechtigte Schlichter den Ausschlag, in diesem Fall Koch.

Dann geht die Empfehlung zurück in eine weitere Verhandlungsrunde, die nach Faesers Worten für Anfang April zu erwarten ist. Entweder die Runde nimmt das Ergebnis an oder verhandelt nach. Sollte das Ergebnis für eine Seite unannehmbar sein, kann die Urabstimmung eingeleitet werden - mit der Option auf unbefristete Streiks.

Verhandlungen seit Freitag verliefen sehr zäh

Bei der schon am Freitag begonnenen dritten Verhandlungsrunde der Tarifpartner in Potsdam zeigte sich, wie kompliziert ein Abschluss werden dürfte. Die Gewerkschaften Verdi und dbb Beamtenbund forderten ursprünglich acht Prozent mehr Geld, mindestens aber monatlich 350 Euro mehr sowie höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Die Vergütung von Praktika und Ausbildungen soll um 200 Euro monatlich erhöht werden. Wichtig ist den Gewerkschaften die Forderung nach drei zusätzlichen freien Tagen.

Den Arbeitgebern von Bund und Kommunen war die Gesamtforderung zu teuer. Und sie kritisierten, die drei zusätzlichen freie Tage würden die Personalnot verschlimmern. Zuletzt hieß es, die Arbeitgeberseite habe eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 Prozent angeboten sowie ein höheres 13. Monatsgehalt und höhere Schichtzulagen. Die Laufzeit blieb offen.

"Destruktive Energie"

Als am späten Montagabend das Scheitern klar war, kamen von beiden Seiten gegenseitige Vorwürfe. "Bund und Kommunen haben mit viel Verzögerung und destruktiver Energie einen Kompromiss verhindert", sagte der Verhandlungsführer des Beamtenbunds, Volker Geyer. Verdi-Chef Frank Werneke versicherte: "Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt. Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt."

Faeser und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Karin Welge, konterten. "Wir sind den Gewerkschaften sehr weit entgegengekommen", sagte Faeser. "Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte verantworten können. Aber die Gewerkschaften waren nicht zu weiteren Kompromissen bereit." Jetzt erwarte sie mehr Kompromissbereitschaft in der Schlichtung, sagte die SPD-Politikerin.

15 Milliarden Euro für zwei Jahre?

Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge sagte, zuletzt sei es um ein Volumen von 15 Milliarden Euro verteilt auf zwei Jahre gegangen. "Das konnten wir nicht leisten", sagte Welge, Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen. Was am Ende der entscheidende Knackpunkt war, wollte Welge mit Blick auf das Schlichtungsverfahren nicht genau benennen.

Auch die Gewerkschafter ließen Details zum Verhandlungsstand offen. Verdi-Chef Werneke sagte aber, er habe kein Verständnis dafür, dass das Scheitern erklärt worden sei, "weil bei Lichte betrachtet die Unterschiede, die auf dem Tisch liegen, so groß nicht sind"./tam/DP/men