FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed haben die Anleger am deutschen Aktienmarkt nach zuletzt gutem Lauf vorsichtiger agiert. Der Dax
dämmte größere Verluste am Mittwoch aber wieder ein und ging letztlich 0,40 Prozent tiefer mit 23.288,06 Punkten aus dem Handel. Am Vortag hatte er noch ein Rekordhoch bei gut 23.476 Zählern erreicht. Die Euphorie mit Blick auf das mittlerweile vom Bundestag genehmigte Finanzpaket für Rüstung, Infrastruktur und Klima ließ leicht nach, zumal der Bundesrat noch zustimmen muss. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen verlor 1,09 Prozent auf 29.644,73 Punkte.
"Die Spekulation der Anleger auf eine wirtschaftsfreundlichere Politik, die der deutschen Konjunktur neues Leben einhauchen kann, ist zunächst einmal aufgegangen", kommentierte Jochen Stanzl von CMC Markets. Der Dax trete in die schwierigere und vielleicht letzte Phase der Rally ein. Von nun an seien Gewinnmitnahmen genauso wahrscheinlich wie weitere Kurssteigerungen. Stanzl verwies außerdem auf die Abstimmung im Bundesrat am Freitag, die das Finanzpaket auch noch überstehen muss.
Zunächst steht aber die Geldpolitik in den USA im Fokus. "US-Notenbankchef Jerome Powell wird vorerst abwarten und die aktuellen Unsicherheiten unterstreichen", schrieb Daniel Loughney von Mediolanum International Funds. Es sei daher unwahrscheinlich, dass die Fed die Zinsen am Mittwochabend ändere. Der Fokus liegt auf möglichen Signalen für künftige Entscheidungen. Angesichts der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump ist die Hoffnung auf weitere Zinssenkungen in den Vereinigten Staaten allerdings gedämpft.
Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial stieg zum europäischen Handelsschluss vor der Zinsentscheidung der Fed um rund 0,6 Prozent. Europas Börsen präsentierten sich derweil uneinheitlich. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 0,41 Prozent höher mit 5.507,36 Punkten. In Paris standen noch deutlichere Kursgewinne zu Buche. In der Schweiz ging es dagegen leicht nach unten, während sich der FTSE 100 in London kaum bewegte.
Bei den Unternehmen waren die zuletzt von der Aussicht auf das Finanzpaket stark angetriebenen Rüstungswerte zur Wochenmitte nicht mehr gefragt. Rheinmetall und Renk litten nach erneuten Rekorden unter teils heftigen Gewinnmitnahmen, auch für Hensoldt ging es abwärts. Mutares sackte 15,9 Prozent ab. Die Aktie der Beteiligungsgesellschaft hatte zuletzt vom steilen Anstieg der Beteiligung Steyr Motors profitiert.
Zu den Spitzenreitern im Dax gehörte dafür eine andere, vom Finanzpaket wohl begünstigte Aktie. Die Anteile des Baustoffkonzerns Heidelberg Materials zogen um 3,6 Prozent an, nachdem sie der Deutsche-Bank-Analyst Jon Bell als einen "Mega-Profiteur" der Infrastruktur-Gelder bezeichnete. Nach dem bisherigen Anstieg um fast die Hälfte in diesem Jahr sieht der Experte mit seinem Kursziel von 195 Euro noch weiteres Potenzial.
Bei Vonovia sorgten die Jahreszahlen nicht für eine Erholung. Die Aktien wurden erstmals seit fast einem Jahr wieder kurz unter der 25-Euro-Marke gehandelt und gingen 0,9 Prozent tiefer aus dem Handel. Das Immobilienunternehmen bleibt zwar zuversichtlich und erhöhte die Dividende. Ein Marktteilnehmer wies jedoch auf die anhaltende Unsicherheit mit Blick auf gestiegene Kapitalmarktrenditen hin.
Bestätigte und damit eigentlich unspektakuläre Jahreszahlen von Talanx hievten den Versicherungskonzern trotzdem auf ein weiteres Rekordhoch. Dann ging den Aktien aber der Schwung aus, sie verloren letztlich 0,2 Prozent. Analyst Thorsten Wenzel von der DZ Bank strich seine Kaufempfehlung für Talanx und wies darauf hin, dass der Bewertungsabschlag zu anderen Branchenwerten nach der guten Performance kaum noch vorhanden sei.
Die Papiere der VW -Nutzfahrzeugtochter Traton wurden von einer Aktienplatzierung durch die Konzernmutter mit 6,2 Prozent belastet. Der Mutterkonzern will den Streubesitz erhöhen und nutzte nun den guten Kursverlauf, um mit einem kleineren Aktienpaket Kasse zu machen. Der Kurs blieb mit 33,40 Euro über dem Preis von 32,75 Euro, zu dem die Anteile verkauft wurden.
Tui stand wegen eines positiven Analystenkommentars im Blickfeld. Die Aktie des Reisekonzerns stieg am mittlerweile vierten Gewinntag um 4,6 Prozent, nachdem die US-Bank JPMorgan die Bewertung mit "Overweight" aufgenommen hatte.
Ein verschobener Geschäftsbericht von Stratec verunsicherte die Anleger etwas, die Aktie verlor 3,4 Prozent. Das Diagnostikunternehmen verwies unter anderem auf krankheitsbedingte Engpässe in der Finanzabteilung, will aber zeitnah vorläufige Zahlen veröffentlichen. Die Ziele 2024 dürften erreicht worden sein./niw/mis
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---