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ROUNDUP: Das 'Praxenland' steht unter Druck - Kapazitäten angespannt

20.03.2025
um 14:35 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Die Zahl der Praxisärzte in Deutschland nimmt weiter zu - die Behandlungskapazitäten für die Patienten bleiben aber oft angespannt und regional unterschiedlich. Ende vergangenen Jahres waren 189.551 Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit Kassenzulassung tätig. Das sind 2.110 mehr als Ende 2023 und so viele wie nie zuvor. Zugleich nimmt aber auch Teilzeitarbeit zu, wie die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mitteilte. Patientenschützer forderten gezieltere Praxis-Ansiedlungen.

KBV-Chef Andreas Gassen sagte: "Noch ist Deutschland Praxenland." Doch klar sei auch: "Die Ressource Arztpraxis ist kein Selbstläufer, und die Ressource Arztzeit bleibt ein knappes Gut." Immer mehr junge Medizinerinnen und Mediziner entschieden sich für eine Anstellung statt einer eigenen Praxis oder für Arbeit in Teilzeit - der Anteil solcher Tätigkeiten mit reduzierter Stundenzahl stieg von 2023 zu 2024 von durchschnittlich 35,8 Prozent auf 37,9 Prozent.

Dieser Trend führt dazu, dass die Zahl der Ärzte stärker steigt als die tatsächliche Behandlungskapazität. Denn einen vollen Arztsitz zur Versorgung gesetzlich Versicherter können sich zum Beispiel auch zwei Ärztinnen teilen.

Ärztedichte nicht überall gleich hoch

Beim Versorgungsnetz gibt es auch erhebliche regionale Unterschiede. Am dichtesten ist es in Heidelberg mit 413,5 Ärzten und Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner, wie aus den Daten des Bundesarztregisters mit Stichtag 31. Dezember 2024 hervorgeht. Am wenigsten niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner in diesem Verhältnis gibt es mit 88,4 im Landkreis Coburg in Bayern. Auf Länderebene liegt Hamburg mit 310,3 an der Spitze, Schlusslicht ist Brandenburg mit 201,3 Ärzten und Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner.

Zur Gesundheitsversorgung in den Regionen tragen die Praxen der Kassenärzte aber nicht alleine bei. Hinzu kommen Krankenhäuser oder Physiotherapeuten, Logopäden und andere Heilberufler. Oft nutzen Patienten und Patientinnen aus ländlichen Gegenden Praxen in nahen Ballungsräumen. Und konkret kommt es auch darauf an, wie wie gut dann die Anbindung mit Bussen und Bahnen ist.

Hausärzte stabilisiert - aber mehr Ältere

Bei den Hausarztpraxen als wichtigen ersten Anlaufstellen hat sich die Lage etwas stabilisiert. Schon Ende 2023 war erstmals seit längerem kein Rückgang mehr verzeichnet worden. Mit Stand Ende 2024 stieg die Zahl der Hausärzte um 308 auf 55.435 und die Zahl der vollen Sitze um 47 auf 51.437. Allerdings hatte es zehn Jahre zuvor noch 551 volle Hausarztsitze mehr gegeben.

Außerdem zeichnet sich seit längerem eine Ruhestandswelle ab, und das heißt vor allem auf dem Land: Praxisnachfolge dringend gesucht. Der Altersschnitt bei Hausärzten liegt mit 55,1 Jahren etwas über dem aller Ärzte (54,5 Jahre).

Vor allem im Westen der Republik ist der Handlungsbedarf dringlicher: So sind in Rheinland-Pfalz 21,3 Prozent der Hausärzte über 65 Jahre alt, in der Region Westfalen-Lippe 19,2 Prozent und im Saarland 18,8 Prozent - in Mecklenburg-Vorpommern dagegen nur 8,3 Prozent und in Sachsen 9,7 Prozent.

Ärztinnen holen auf

Frauen sind in den Praxen weiter auf dem Vormarsch. Psychotherapeutinnen und Ärztinnen kommen zusammen auf 52,4 Prozent, nachdem sie 2022 die 50-Prozent-Marke überschritten hatten. Betrachtet man nur Ärztinnen, stieg ihr Anteil auf 46,7 Prozent.

Dabei gilt: Je jünger, desto weiblicher. Bis zur Schwelle von 39 Jahren haben Ärztinnen einen Anteil von 57,2 Prozent und zwischen 40 und 49 Jahren von 55,6 Prozent. Über 65 Jahre gibt es noch mehr als 70 Prozent männliche Ärzte.

Regional betrachtet ist der Anteil der Ärztinnen und Psychotherapeutinnen in den östlichen Bundesländern höher - sie sind dort überall in der Mehrheit. Am höchsten ist der Frauenanteil im Land Berlin mit 59,7 Prozent.

Was bringt die neue Regierung?

Kassenärzte-Chef Gassen forderte angesichts der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD: "Die nächste Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, inwiefern sie die inhabergeführte Praxis wieder attraktiver macht." Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte auf den letzten Metern noch ein Gesetz ins Ziel gebracht, das Hausärzten finanzielle Anreize bringt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, es mangele keinesfalls an ambulant arbeitenden Ärztinnen und Ärzten. "Was jedoch grundsätzlich fehlt, ist eine bedarfsgerechte Steuerung der medizinischen Niederlassungen", sagte Vorstand Eugen Brysch. Darunter leide der ländliche Raum. Nötig sei auch, die "Rosinenpickerei" in lukrativen, überversorgten Gebieten endlich zu beenden.

In den Koalitionsverhandlungen, bei denen Lauterbach dabei ist, stehen viele Klärungen an. Denn im schwarz-roten Sondierungspapier als Grundlage heißt es nur allgemein: "Die Gesundheitsversorgung muss für alle gesichert bleiben."/sam/DP/men