ROUNDUP 3: «Drecksarbeit»: Kritik an Merz-Zitat zu Iran
(neu: Aussage von Merz)
BERLIN (dpa-AFX) - "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle": Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat mit Äußerungen zum israelischen Angriff auf den Iran Kritik ausgelöst - auch beim Koalitionspartner SPD. "Diese Wortwahl hat in der SPD-Fraktion für Irritation gesorgt", sagte Außenpolitiker Adis Ahmetovi? dem Portal "ZDFheute.de". Heftiger Widerspruch kam auch von Grünen, Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht.
Der Kanzler sieht sich in den Reaktionen dagegen bestätigt. "Diese Aussage hat überwiegend Zustimmung bekommen", sagte Merz am Mittwoch in Berlin. Es habe nur wenige kritische Stimmen gegeben, dazu wolle er sich nicht äußern.
Merz' Kritiker beziehen sich auf eine Formulierung in einem ZDF-Interview am Rande des G7-Gipfels in Kanada. Moderatorin Diana Zimmermann benutzte das Wort "Drecksarbeit" in ihrer Frage und Merz griff es auf: "Frau Zimmermann, ich bin Ihnen dankbar für den Begriff Drecksarbeit. Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle. Wir sind von diesem Regime auch betroffen. Dieses Mullah-Regime hat Tod und Zerstörung über die Welt gebracht." Merz äußerte zudem "größten Respekt", dass die israelische Armee beziehungsweise Staatsführung "den Mut dazu gehabt hat, das zu machen."
SPD-Politiker nennt Äußerung befremdlich
SPD-Politiker Ahmetovi?, außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, ging auf Distanz: "Das oberste Ziel in dieser hochsensiblen Situation lautet Deeskalation. Die Tonalität des Bundeskanzlers ist an dieser Stelle wenig zielführend." Sein SPD-Fraktionskollege Ralf Stegner sagte dem "Spiegel": "Wenn der Bundeskanzler sagt, Israel mache im Iran die Drecksarbeit für uns, ist das mehr als befremdlich."
Grüne sehen "ignorante Kommentierungen"
Die Opposition äußerte sich noch deutlicher. Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion für den Nahen Osten und Iran, Luise Amtsberg, kritisierte sowohl die Wortwahl als auch den Inhalt von Merz' Aussage. Sie sagte: "Statt zynischer und ignoranter Kommentierungen durch den Bundeskanzler erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie in dieser angespannten Lage alles unternimmt, um zu deeskalieren."
Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte dem Sender Welt TV: "Ich halte die Wortwahl für ungeschickt." Im Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime - "und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten". Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen, meinte Hofreiter. Zugleich nannte er es wünschenswert, "wenn das Mullah-Regime fallen würde".
Pellmann: "Ein Skandal"
Linken-Bundestagsfraktionschef Sören Pellmann kritisierte: "Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines "Rechts des Stärkeren" einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv."
Merz' Äußerungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. "Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann", sagte Pellmann der dpa.
"Mehr Doppelmoral geht nicht"
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz "legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind", sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der außenpolitischen Mäßigung.
Merz habe offenbar kein Problem mit einem Kriegseintritt der USA. "Dass jetzt ein Flächenbrand im Nahen Osten droht, ist dem Kanzler keine Silbe wert", sagte Wagenknecht. "Mehr Doppelmoral geht nicht."
Fassungslosigkeit in der deutsch-iranischen Community
In der deutsch-iranischen Community lösten Merz' Aussagen Fassungslosigkeit aus. "Herr Merz, SIE sind von diesem Regime überhaupt nicht betroffen. Betroffen sind zuallererst 80 Millionen Menschen im Iran, die seit 46 Jahren unter der tödlichen Unterdrückung dieses Regimes leben müssen", schrieb die Journalistin Gilda Sahebi auf Instagram. Nicht die israelische Regierung mache die "Drecksarbeit", das täten die vielen Menschen, die sich den Machthabern widersetzten. "Auf diese Menschen hagelt es im Übrigen gerade Bomben."/vsr/DP/jha