ROUNDUP 2: Trump setzt Selenskyj vor Treffen im Weißen Haus unter Druck
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WASHINGTON/KIEW (dpa-AFX) - Kurz vor einem Treffen im Weißen Haus über den Ukraine-Krieg hat US-Präsident Donald Trump den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj unter Druck gesetzt. In einem Post auf seiner Plattform Truth Social wandte sich Trump nicht etwa an Kremlchef Wladimir Putin als Angreifer, sondern schrieb: "Der ukrainische Präsident Selenskyj kann den Krieg mit Russland fast sofort beenden, wenn er will, oder er kann weiterkämpfen".
Im gleichen Atemzug erklärte der Republikaner auch den erhofften Nato-Beitritt der Ukraine und eine Rückgabe der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim für unrealistisch. "Manche Dinge ändern sich nie!!!", schrieb er. Er verwies darauf, dass der damalige US-Präsident Barack Obama die Annexion der Krim 2014 nicht verhindert habe. Er fügte in Großbuchstaben hinzu: "KEIN NATO-BEITRITT DER UKRAINE." Die russische Armee flog in der Nacht neue Luftangriffe auf die Ukraine.
"Mal sehen, was rauskommt"
Später schrieb Trump erneut über das Gipfeltreffen, fast flapsig: "Mal sehen, was dabei herauskommt???" Der Republikaner schrieb auch: "Ein großer Tag im Weißen Haus." Noch nie seien so viele europäische Staatschefs und Spitzenpolitiker auf einmal da gewesen.
Zwei Spitzentreffen: Erst Selenskyj, dann auch die Europäer
In zwei Spitzentreffen im Weißen Haus will Trump heute ab 19.15 Uhr MESZ mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten über den Einstieg in einen raschen Friedensprozess sprechen. Es geht um Vorschläge, über die Trump und Putin bei ihrem Gipfel am vergangenen Freitag in Alaska gesprochen haben. Dabei will der US-Präsident zunächst allein mit Selenskyj sprechen - ein Szenario, das an die unheilvolle Begegnung Ende Februar erinnert, als Trump und sein Vize JD Vance geradezu über den ukrainischen Präsidenten herfielen.
Erst danach soll eine Runde mit den europäischen Spitzenpolitikern stattfinden, die Selenskyj in die US-Hauptstadt begleiten. Dazu zählen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Der Tag könnte je nach Verlauf ein Zwischenschritt hin zu einem möglichen dritten Treffen sein - dann zwischen Russland und der Ukraine.
Soll die Ukraine den restlichen Donbass räumen?
Nach Angaben der deutschen Bundesregierung soll unter anderem über "Sicherheitsgarantien, territoriale Fragen und die fortdauernde Unterstützung der Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression" gesprochen werden. Mit Sicherheitsgarantien sind Maßnahmen zum Schutz eines Landes vor Angriffen gemeint.
Zu den territorialen Fragen: Seit dem Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin mehren sich unbestätigte Medienberichte, dass der US-Präsident die Möglichkeit für ein schnelles Friedensabkommen sieht, wenn die Ukraine Russland den gesamten Donbass überlässt. Das umfasse auch strategisch wichtige Gebiete, die russische Streitkräfte bisher nicht unter ihre Kontrolle bringen konnten. Selenskyj lehnte das kategorisch ab. "Russland muss diesen Krieg beenden, den es selbst begonnen hat", schrieb er nach Ankunft in Washington auf der Plattform X.
Sicherheitsgarantien im Mittelpunkt der Gespräche
Zugleich wird es um das Szenario eines Nato-ähnlichen Schutzversprechens der USA und europäischer Staaten an die Ukraine gehen. Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff hat Russland Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild des Artikel 5 im Nato-Vertrag zugestimmt - was Putin im Gegenzug von den USA, der Ukraine oder Europa erhalten soll, war zunächst unklar.
Artikel 5 des Nato-Vertrags sieht vor, "dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird". Russlands Einmarsch 2022 fiel nicht in diese Kategorie, weil die Ukraine kein Nato-Mitglied ist. Im Gegensatz zu Artikel 5 würde im diskutierten Szenario aber nicht das ganze atlantische Bündnis einspringen - die Vereinigten Staaten und europäische Länder stünden stattdessen in der Pflicht.
Deutscher Außenminister vorsichtig zu Truppenentsendung
Unklar ist, wie dabei eine militärische Komponente der Europäer aussehen könnte. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) äußerte sich skeptisch über eine mögliche Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine. Das würde Deutschland "voraussichtlich auch überfordern", sagte der CDU-Politiker im Podcast "Table.Today". Vordringlich sei die Aufstellung einer kampfstarken deutschen Brigade im baltischen Nato-Mitgliedsland Litauen zum Schutz vor Russland. "Was nicht heißt, dass wir in anderer Art und Weise die Ukraine auch militärisch und technisch unterstützen können."
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, nannte Sicherheitsgarantien ähnlich dem Artikel 5 gut. Eine direkte Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine wäre natürlich die beste Sicherheitsgarantie, sagte er im Deutschlandfunk. Sein Land könne der Nato viel bieten, man habe eine starke und kampferfahrene Armee. "Dafür braucht man aber Mut von der Seite unserer Partner und auch Druck auf Russland", sagte Makeiev. Ohne Druck werde Putin "nicht aufhören, uns zu töten".
Tote und Verletzte durch russische Luftangriffe
In der Nacht vor den Spitzengesprächen in Washington griff die russische Armee die Ukraine erneut mit Kampfdrohnen und Raketen an. In der Großstadt Charkiw wurden mindestens sieben Menschen getötet und 20 verletzt. Nach Angaben von Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram schlugen vier russische Kampfdrohnen in einem mehrgeschossigen Wohnhaus ein.
Am Morgen trafen Raketen auch die Großstadt Saporischschja. Ziel sei die Infrastruktur der Stadt gewesen, erklärte der Militärgouverneur des Gebietes, Iwan Fedorow. Es gab mindestens drei Tote und 20 Verletzte. "Genau deshalb will Putin keine Waffenruhe - er schießt gern auf friedliche Städte, während er über den angeblichen Wunsch nach einem Ende des Krieges spricht", kommentierte Selenskyjs Stabschef Andryj Jermak auf X./fko/DP/nas