GESAMT-ROUNDUP: Trump will schnelles Zweiertreffen von Putin und Selenskyj
WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus in Washington strebt US-Präsident Donald Trump nun ein Zweiertreffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kremlchef Wladimir Putin an. Danach solle es ein Dreiertreffen geben, an dem auch er teilnehmen werde, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Zuvor hatte er Selenskyj und mehrere europäische Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen der Nato und EU-Kommission im Weißen Haus empfangen hatte.
Laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist das Selenskyj-Putin-Treffen innerhalb der nächsten zwei Wochen geplant. "Ein solcher Gipfel ist nur denkbar, wenn die Waffen schweigen", betonte er zugleich. Selenskyj dagegen erklärte sich in Washington dazu bereit, Putin ohne Vorbedingungen zu treffen.
Merz: "Das hätte auch anders verlaufen können"
Merz zog eine positive Bilanz des mehrstündigen Gipfels im Weißen Haus. "Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern übertroffen worden", sagte der CDU-Politiker im Anschluss. "Das hätte auch anders verlaufen können." Es handele sich um "schicksalshafte Tage für die Ukraine und für Europa".
Die Beratungen waren vorübergehend unterbrochen worden, weil Trump mit Putin telefonierte. Zum Auftakt hatten Trump und Selenskyj zunächst ein bilaterales Gespräch geführt. Dieses wurde später im erweiterten Kreis mit Merz und den anderen hochkarätigen Gästen aus Europa fortgesetzt.
Angereist waren auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der finnische Präsident Alexander Stubb sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte.
Uneinigkeit über Notwendigkeit einer Waffenruhe
Auch Trump hatte ursprünglich eine sofortige Waffenruhe für die Ukraine verlangt. Diese Forderung gab er aber nach seinem Treffen mit Putin am vergangenen Freitag in Alaska auf. Nicht so Kanzler Merz: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nächste Treffen ohne eine Feuerpause stattfindet", sagte er bei dem Gespräch im erweiterten Kreis. "Lasst uns daran arbeiten und versuchen, Druck auf Russland auszuüben."
Selenskyj kassierte die Forderung nach einer Waffenruhe vor einem Treffen mit Putin hingegen ein. "Ich finde, dass wir uns ohne irgendwelche Vorbedingungen treffen und darüber nachdenken müssen, wie dieser Weg zur Beendigung des Krieges weitergehen könnte", sagte er nach den Gesprächen. "Wir sind bereit zu jedem Format." Zugleich sagte er, die Forderung nach einer Waffenruhe als Voraussetzung für Friedensverhandlungen sei berechtigt gewesen.
Trump sagte bei seinem Treffen mit Selenskyj, er möge zwar das Konzept einer Feuerpause, weil damit das Töten von Menschen sofort aufhören würde. "Aber wir können an einem Deal arbeiten, wo wir auf ein Friedensabkommen abzielen." Zuvor hatte Selenskyj bei einem Treffen mit den Europäern in der ukrainischen Botschaft in Washington betont: "Die Ukraine ist bereit zu einem realen Waffenstillstand und der Errichtung einer neuen Sicherheitsarchitektur."
Ausgestaltung von Sicherheitsgarantien weiter offen
Trump wich Fragen nach der Stationierung von US-Truppen in der Ukraine nach einem Friedensschluss aus. Auch eine Frage nach konkreten Details zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine ließ er unbeantwortet. Er versicherte aber: "Wir werden ihnen sehr guten Schutz geben, sehr gute Sicherheit."
Selenskyj bezeichnete die Sicherheitsgarantien für sein Land - also Maßnahmen zum Schutz vor Angriffen - als vorrangig für einen Frieden mit Russland. "Es ist sehr wichtig, dass die Vereinigten Staaten ein starkes Signal geben und bereit sind für diese Sicherheitsgarantien." Zudem hänge die Sicherheit der Ukraine auch von den europäischen Verbündeten ab.
Nato-Generalsekretär Rutte nannte es einen großen Schritt, dass Trump zugesagt habe, sich an Sicherheitsgarantien zu beteiligen. "Das ist wirklich ein Durchbruch, und das macht den Unterschied. Auch dafür danke ich Ihnen."
Über einen Einsatz von Bodentruppen sei in Washington nicht gesprochen worden, sagte Rutte dem US-Sender Fox News in einem späteren Interview. Es gehe auch nicht um eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine, sondern "was wir hier diskutieren, sind Sicherheitsgarantien für die Ukraine gemäß Artikel 5".
Artikel 5 des Nato-Vertrags regelt, dass die Bündnispartner im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen können und eine Attacke auf ein Mitglied als Angriff auf alle gewertet wird. Schon vor dem Gipfel war ein Nato-ähnliches Schutzversprechen der USA und europäischer Staaten an die Ukraine im Gespräch gewesen - was letztendlich ein militärisches Eingreifen im Fall eines Überfalls bedeuten würde.
Merz: Hohe deutsche Verantwortung bei Sicherheitsgarantien
Merz sagte, die Frage, wer sich in welchem Umfang an Sicherheitsgarantien beteilige, müsse man zwischen den europäischen Partnern und der US-Regierung besprechen. "Völlig klar ist, dass sich ganz Europa daran beteiligen sollte." Deutschland habe "eine hohe Verantwortung", dies zu tun. Auf die Frage, ob sich auch die Bundeswehr daran beteiligen könnte, antwortete Merz, es sei zu früh, darauf eine endgültige Antwort zu geben.
Russland will keine Truppen aus Nato-Staaten in der Ukraine
Russland lehnte eine Stationierung von Truppen aus Nato-Staaten in der Ukraine zeitgleich mit dem Treffen in Washington erneut ab, nachdem der britische Premier Starmer sich dazu bereit erklärt hatte. Großbritannien strebe mit solchen Szenarien weiter nach einer Eskalation in dem Konflikt und bringe die Nato-Mitglieder an eine gefährliche Grenze, von der es bis zu einem großen globalen Konflikt nicht mehr weit sei, warnte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau.
Trump empfängt Selenskyj diesmal freundlich
Anders als beim vorigen Besuch Selenskyjs im Weißen Haus im Februar, bei dem es zu einem beispiellosen Eklat gekommen war, empfing Trump ihn diesmal freundlich. Er begrüßte ihn vor der Tür des Weißen Hauses, beide gaben sich die Hand und lächelten gemeinsam in die Kameras. Trump legte kurz seine Hand auf Selenskyjs Schulter und ließ ihn dann zuerst das Weiße Haus betreten.
Auch im ersten Teil des bilateralen Treffens, bei dem Journalisten Fragen stellen konnten, blieb die Gesprächsatmosphäre harmonisch. Befürchtungen von europäischer Seite, Trump könnte Selenskyj wieder ähnlich vorführen wie im Februar, erfüllten sich nicht. Damals hatten der US-Präsident und sein Vize JD Vance den ukrainischen Gast vor laufenden Kameras zurechtgewiesen - Selenskyj verließ Washington dann vorzeitig.
Trump erhöht vor Treffen den Druck auf Selenskyj
Unmittelbar vor dem Treffen hatte Trump den Druck auf Selenskyj erhöht. In einem Post auf seiner Plattform Truth Social wandte er sich nicht etwa an Kremlchef Putin als Angreifer, sondern schrieb: "Der ukrainische Präsident Selenskyj kann den Krieg mit Russland fast sofort beenden, wenn er will, oder er kann weiterkämpfen." Zugleich erklärte der Republikaner auch den erhofften Nato-Beitritt der Ukraine und eine Rückgabe der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim für unrealistisch.
Während des Treffens versicherte Trump, es werde keine Lösung für den Ukraine-Krieg gegen den Willen der Ukraine geben. "Letztendlich ist es eine Entscheidung, die nur Präsident Selenskyj und das ukrainische Volk treffen können - in Zusammenarbeit mit Präsident Putin."
Territoriale Fragen - was wird aus dem Donbass?
Nach dem Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin am vergangenen Freitag hatten sich unbestätigte Medienberichte gemehrt, dass der US-Präsident die Möglichkeit für ein schnelles Friedensabkommen sehe, wenn die Ukraine Russland den gesamten Donbass überlässt. Inbegriffen seien auch strategisch wichtige Gebiete, die russische Streitkräfte bisher nicht unter ihre Kontrolle bringen konnten.
Ohnehin sind Gebietsabtretungen, die die Ukraine dann hinnehmen müsste, zuletzt immer wieder diskutiert worden. Zum Beispiel verlangt Russland, dass die Ukraine auf eine Vielzahl von Gebieten verzichtet, was Selenskyj kategorisch ablehnt. Kurz vor dem Treffen machte er zudem nochmals deutlich, dass die Krim aus seiner Sicht nie hätte aufgegeben werden dürfen.
Trump sieht sich in der Rolle des Friedensstifters
Ziel der in den vergangenen Tagen intensivierten Verhandlungen ist es, ein Ende des russischen Angriffskrieges zu erreichen, den Putin vor fast dreieinhalb Jahren befohlen hatte. Trump sieht sich in der Rolle des Vermittlers und Friedensstifters, verfolgt aber auch eigene
- nicht zuletzt wirtschaftliche - Interessen seiner Regierung.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hält ein Dreiertreffen von Trump, Putin und Selenskyj für entscheidend. "Die Idee eines trilateralen Treffens ist sehr wichtig, denn es ist der einzige Weg, das zu lösen", sagte er. Es brauche einen robusten und langanhaltenden Frieden. Er glaube, dass in der Folge vermutlich auch ein Vierer-Treffen nötig sei - mit Beteiligung Europas.
Zunächst finden sich heute aber die "Koalition der Willigen" aus Ukraine-Unterstützern sowie anschließend die Staats- und Regierungschefs der EU in Videoschalten zusammen. Dann soll über die Ergebnisse der Gespräche informiert werden./sk/DP/zb