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ROUNDUP: Deutschland bei Asylanträgen nicht mehr auf Platz eins

08.09.2025
um 11:00 Uhr

VALLETTA (dpa-AFX) - Deutschland liegt zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt in Europa nicht mehr an der Spitze der Länder mit den meisten neuen Asylanträgen. Im ersten Halbjahr gingen nach Angaben der EU-Asylagentur bei den deutschen Behörden 70.000 Anträge von Neuankömmlingen ein. Damit liegt die Bundesrepublik innerhalb der EU auf Platz drei hinter Frankreich (78.000) und Spanien (77.000).

Der Rückgang wird von der Agentur insbesondere darauf zurückgeführt, dass nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad im Dezember nicht mehr so viele Menschen aus Syrien flüchten. Die Zahl der neuen Asylbewerber innerhalb der Europäischen Union sowie den Nicht-Mitgliedsländern Norwegen und Schweiz ging auch insgesamt zurück. Die EU-Asylagentur EUAA hat ihren Sitz auf Malta.

Minus 43 Prozent in Deutschland

Von Januar bis Ende Juni wurden in der Staatengruppe aus 29 Ländern (EU+) insgesamt 399.000 neue Anträge registriert. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 bedeutet dies ein Minus von 114.000 beziehungsweise 23 Prozent. Auf Platz vier hinter Frankreich, Spanien und Deutschland ist nun Italien (64.000 neue Anträge). Seit 2012 lag die Bundesrepublik in dieser Statistik durchgängig an der Spitze.

Mit Ausnahme von Frankreich gingen die Zahlen in allen großen Zielländern zurück: am deutlichsten in Deutschland (minus 43 Prozent), aber auch in Italien (minus 25 Prozent) und Spanien (minus 13 Prozent). Von den Asylbewerbern aus Venezuela stellten fast alle ihren Antrag in Spanien, wo die gleiche Sprache gesprochen wird. Großbritannien ist nach seinem Austritt aus der EU in dieser Statistik nicht mehr dabei.

Meiste Neuankömmlinge aus Venezuela

Der Sturz des syrischen Machthabers al-Assad im vergangenen Dezember wirkte sich auch auf die Gesamtzahl aus. Erstmals seit einem Jahrzehnt kamen die meisten neuen Asylbewerber (25.000) nicht mehr aus Syrien, sondern jetzt aus Venezuela (49.000) in Südamerika. Aus Afghanistan beantragten 42.000 Menschen neu Asyl.

Der Umgang mit Migranten gehört seit Jahrzehnten zu den großen Streitthemen der europäischen Politik. Die EU arbeitet inzwischen mit nordafrikanischen Staaten zusammen, um Migranten von der Flucht nach Europa abzuhalten. Bei Versuchen, mit oft kaum seetüchtigen Booten das Mittelmeer zu überqueren, kommt es immer wieder zu tödlichen Katastrophen.

EU-Kommissar Magnus Brunner bezeichnete den Rückgang in Brüssel als "Ergebnis einer konsequenteren Politik". Durch effizientere Verfahren könnten Anträge mit geringen Chancen jetzt schneller geprüft werden. Jetzt müsse die Zusammenarbeit mit sogenannten Drittstaaten verbessert werden, "damit Rückführungen tatsächlich funktionieren und unsere Asylsysteme entlastet werden".

Nur jeder vierte Antrag wird anerkannt

Die sogenannte Anerkennungsquote ging nach Angaben der Agentur auf den niedrigsten je gemessenen Stand zurück: Nur jeder vierte Erstantrag (25 Prozent) wurde bewilligt. Gleichwohl gibt es einen riesigen Berg an Anträgen, der noch abgearbeitet werden muss: Ende Juni war über mehr als 900.000 Anträge in erster Instanz bisher nicht entschieden. Weil Widerspruch möglich ist, stehen insgesamt etwa 1,3 Millionen Entscheidungen aus./cs/DP/mis