Wadephul warnt vor Vertrauensverlust in EU auf Westbalkan
BERLIN/BELFAST (dpa-AFX) - Außenminister Johann Wadephul fordert neuen Schwung im Annäherungsprozess der Länder des westlichen Balkans an die Europäische Union. "Die Menschen beginnen, das Vertrauen auf eine baldige Zukunft in der EU zu verlieren", sagte der CDU-Politiker vor einem Treffen mit den Westbalkanländern in der nordirischen Hauptstadt Belfast. Wadephul warnte: "Das können wir uns nicht leisten, denn dann droht ein Rückfall in alte Zeiten der Feindseligkeit und eine größere Rolle Russlands und Chinas."
Vor diesem Hintergrund sei der 2014 von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ins Leben gerufene "Berliner Prozess" als Katalysator im EU-Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten wichtiger denn je. "Der westliche Balkan ist Teil unserer europäischen Familie", erklärte Wadephul und fügte hinzu: "Darum ist für uns klar: Den eingeschlagenen Weg in die EU gehen wir gemeinsam mit den sechs Ländern der Region."
EU-Beitrittsprozess für Westbalkanländer tritt auf der Stelle
Der Prozess zum EU-Beitritt der Westbalkanländer kommt seit Jahren nicht voran. In dieser Gruppe wird Montenegro als am weitesten im Beitrittsprozess gesehen, ein Datum für eine Aufnahme steht aber nicht in Aussicht. Mit Montenegro und Serbien führt die EU seit 2012 beziehungsweise 2014 Beitrittsverhandlungen. Mit Albanien und Nordmazedonien wurde der Verhandlungsprozess 2022 gestartet. Bosnien-Herzegowina hat den Status eines Beitrittskandidaten, ist aber bislang noch nicht in Verhandlungen. Das Kosovo ist potenzieller Beitrittskandidat.
"Konferenzort Belfast Symbol für Versöhnung"
Wadephul sagte, es gehe auch darum, die tägliche Zusammenarbeit zu fördern und spürbare Verbesserungen im Leben der Menschen zu erreichen - sei es durch grenzüberschreitende Jugendarbeit, freien Reiseverkehr oder die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen. Zudem gebe es gerade auch auf dem Weg der Versöhnung teilweise noch viele Schritte zu gehen. Auch deshalb sei der Ort, den die britischen Gastgeber für das Treffen gewählt haben, von besonderer Bedeutung.
Belfast stehe symbolisch dafür, wie nach Jahrzehnten der gesellschaftlichen Spaltung Versöhnung möglich wurde, sagte Wadephul. "Nicht über Nacht. Sondern mit Geduld, politischem Willen, vor allem aber dank des Mutes vieler Menschen, in schwierigen Situationen immer wieder aufeinander zuzugehen." Im Nordirlandkonflikt starben mehrere Tausend Menschen, auch viele Unbeteiligte. Der Bürgerkrieg dauerte von Ende der 1960er Jahre bis zum Friedensschluss im Karfreitagsabkommen von 1998./bk/cmy/DP/men