dpa-AFX Compact

Merz in Nahost: Terror der Hamas die Grundlage entziehen

07.12.2025
um 12:16 Uhr

JERUSALEM/AKABA (dpa-AFX) - Zum Auftakt seiner zweitĂ€gigen Nahost-Reise hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Fortschritte im Friedensprozess fĂŒr Gaza angemahnt. "Wir teilen die Erleichterung, dass sich der Waffenstillstand in Gaza seit nunmehr zwei Monaten stabilisiert. Nun muss aber auch der Einstieg in die zweite Phase gelingen", forderte der Kanzler nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Akaba. "Dazu gehört, dass wir dem Terror der Hamas endgĂŒltig die Grundlage entziehen."

Dazu zĂ€hle aber auch, dass sich die nach wie vor prekĂ€re humanitĂ€re Lage der Zivilbevölkerung in Gazas schnell und spĂŒrbar bessere, betonte Merz. "Vor dem Winter braucht es mehr humanitĂ€re Hilfe."

Merz machte am Nachmittag zunĂ€chst Station in der jordanischen Stadt Akaba am Roten Meer und flog anschließend weiter nach Israel. In Jerusalem war am Abend ein Treffen mit PrĂ€sident Izchak Herzog geplant, am Sonntag will der Kanzler MinisterprĂ€sident Benjamin Netanjahu treffen.

Merz warnt vor Annexionsschritten im Westjordanland

Merz richtete von Akaba aus auch mahnende Worte an Israel. Die Lage im Westjordanland dĂŒrfe nicht aus dem Blick geraten, sagte er. "Wir mĂŒssen den Weg zur palĂ€stinensischen Staatlichkeit offenhalten. Deshalb darf es keine Annexionsschritte im Westjordanland geben." Ultrarechte Mitglieder der Regierung von MinisterprĂ€sident Benjamin Netanjahu machen sich seit langem fĂŒr eine Annexion des Westjordanlands stark. Die PalĂ€stinenser beanspruchen das Gebiet als Teil eines kĂŒnftigen unabhĂ€ngigen Staates.

"Wir wollen helfen, ein Fundament zu legen fĂŒr eine neue Ordnung im gesamten Mittleren und Nahen Osten", sagte Merz. Es mĂŒsse eine Ordnung sein, in der Israelis, PalĂ€stinenser und die arabischen Nachbarn dauerhaft in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben könnten. Merz bekrĂ€ftigte, Deutschland trete fĂŒr eine Zweistaatenlösung ein. Verhandlungen darĂŒber sollten bald beginnen. DarĂŒber werde er mit Netanjahu sprechen.

Treffen mit befreiten Geiseln der Hamas geplant

Merz wird in Jerusalem auch die Holocaust-GedenkstĂ€tte Yad Vashem besuchen und der sechs Millionen wĂ€hrend der Nazi-Diktatur ermordeten Juden gedenken - ein Programmpunkt, der zu jedem Antrittsbesuch eines deutschen Kanzlers oder einer Kanzlerin in Israel gehört. Außerdem trifft er sich mit freigelassenen Geiseln der Hamas und Hinterbliebenen von Geiseln, die in Gefangenschaft getötet wurden oder umgekommen sind.

Merz spÀter als Merkel und Scholz in Israel

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche des Kanzlers, aber auch einer der schwierigsten. Er erfolgt vergleichsweise spÀt: Merz' VorgÀnger Olaf Scholz (SPD) war drei Monate nach seiner Vereidigung in Israel, Angela Merkel nach gut zwei Monaten.

Merz hat sich nun sieben Monate Zeit gelassen. Die Verzögerung liegt daran, dass wegen des Gaza-Kriegs ein Besuch lange Zeit als undenkbar galt. Seit 10. Oktober gibt es nun aber eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.

Neben dem Nahost-Friedensprozess dĂŒrften auch die zuletzt turbulenten deutsch-israelischen Beziehungen eine grĂ¶ĂŸere Rolle in den GesprĂ€chen in Jerusalem spielen.

Welche RĂŒstungsgĂŒter bekommt Israel?

Ein Teil-Embargo fĂŒr die deutschen RĂŒstungsexporte hatte die deutsch-israelischen Beziehungen zuletzt schwer belastet. Am 8. August hatte Merz angeordnet, dass vorerst keine Ausfuhren von RĂŒstungsgĂŒtern nach Israel mehr genehmigt werden, die im Gaza-Krieg verwendet werden können. Nun hofft Israel wieder auf verstĂ€rkte RĂŒstungslieferungen aus Deutschland - unter anderem auf Getriebe fĂŒr seine Merkava-Panzer.

Sagt Merz "StaatsrÀson"?

Interessant wird sein, wie sich Merz zu dem von Merkel geprĂ€gten Grundsatz verhĂ€lt, dass die Sicherheit Israels zur deutschen StaatsrĂ€son zĂ€hle. "Das heißt, die Sicherheit Israels ist fĂŒr mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar", hatte Merkel 2008 in einer Rede im israelischen Parlament gesagt. "Und wenn das so ist, dann dĂŒrfen das in der Stunde der BewĂ€hrung keine leeren Worte bleiben." Merz hatte sich zuletzt vom Begriff der StaatsrĂ€son distanziert, auch wenn er sich wie Merkel und andere VorgĂ€nger der Sicherheit Israels verpflichtet fĂŒhlt.

Wie geht Merz auf den Antisemitismus in Deutschland ein?

Merz dĂŒrfte auch die wachsende Sorge in Israel vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland ansprechen. Der israelische Botschafter Ron Prosor hatte zuletzt vor allem vor linkem Antisemitismus gewarnt. Dieser sei gefĂ€hrlicher als der von rechts und gefĂ€hrlicher als der islamistische Antisemitismus, "weil er seine Absichten verschleiert", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

LĂ€dt Merz Netanjahu nach Deutschland ein?

Die vielleicht schwierigste Frage fĂŒr Merz wird sein, ob er Netanjahu trotz eines internationalen Haftbefehls nach Deutschland einladen wird. Noch kurz nach seinem Amtsantritt hatte er seine Bereitschaft erklĂ€rt, ihm einen Besuch zu ermöglichen. "GrundsĂ€tzlich muss ein israelischer Premierminister nach Deutschland reisen können", sagte er Mitte Mai. "Er ist ein demokratisch gewĂ€hlter MinisterprĂ€sident der einzigen Demokratie der gesamten Region. Dieser MinisterprĂ€sident muss grundsĂ€tzlich nach Deutschland reisen können. Wie wir das ermöglichen, wenn es denn geplant werden sollte, darĂŒber werden wir Sie dann rechtzeitig informieren."/mfi/DP/mis