Berlin (Reuters) - Kurz vor den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen haben sich europäische Unternehmen zwiespältig über die Aussichten in China geäußert.
"Der Schutz geistigen Eigentums ist viel besser geworden. Die Entwicklung geht also in die richtige Richtung", sagte der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA), Hubert Lienhard, im Reuters-Interview. Dagegen äußerten sich europäische Firmen in einer neuen Umfrage der europäischen Handelskammer in China skeptisch: 70 Prozent der Befragten sagten, sie fühlten sich nicht mehr so willkommen wie vor zehn Jahren. Mehr Firmen als früher beklagten verschlechterte Rahmenbedingungen, sagte auch der Chef des China-Instituts Merics, Sebastian Heilmann, zu Reuters.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Samstag mit einer größeren Delegation nach Peking reisen. Ein Thema wird dabei der bessere Zugang für deutsche Firmen zum chinesischen Markt sein - eine Dauerklage der mittlerweile rund 5500 deutschen Firmen. Angeheizt wurde die wirtschaftspolitische Debatte mit China durch zwei Faktoren: Zum einen klagen Branchen wie Stahl, Papier, Aluminium oder auch die chemische Industrie über erhebliche chinesische Überproduktionen. Zum anderen gehen chinesische Unternehmen auf Einkaufstour in Europa und vor allem Deutschland.
"Unser Ziel ist es, auch bei diesem Besuch die Forderung nach Gleichbehandlung immer wieder vorzutragen. Die sektorale Beschränkung für Auslandsinvestitionen und die Negativliste für Übernahmen in China lehnen wir ab", betonte der APA-Vorsitzende Lienhard, der auch Chef des Technologiekonzerns Voith ist. China müsse ausländischen Unternehmen die gleichen Rechte gewähren. Nur sei nichts gewonnen, wenn Deutschland nun selbst Firmenbeteiligungen außerhalb des gesetzlichen Rahmens einschränke. "Ich sehe keinen Ausverkauf der deutschen Industrie", betonte er zudem angesichts der Debatte über einen Kauf des Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea. Voith besitzt mit 25,1 Prozent eine Sperrminorität an Kuka.
SKEPSIS BEI EU-UNTERNEHMEN
Die befragten europäischen Unternehmen in China sehen die Entwicklung negativer. 56 Prozent der Befragte gaben an, die Arbeit in China sei schwieriger geworden. 57 Prozent beschwerten sich, dass sie von den Behörden schlechter behandelt würden als entsprechende chinesische Unternehmen. Hatten 2013 noch 89 Prozent der befragten EU-Unternehmen angegeben, ihre Geschäft in China ausbauen zu wollen, sind es jetzt nur noch 47 Prozent.
Merics-Chef Heilmann sieht eine wachsende Abhängigkeit vieler international tätiger deutscher Unternehmen vom chinesischen Markt. Hinter verschlossenen Türen klagten Firmen über eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen in China. "Öffentliche Beschwerden von Einzelunternehmen unter eigenen Namen über Diskriminierung oder Verletzung gewerblicher Rechte im chinesischen Markt sind aber nur selten zu hören", sagte er.
Heilmann sagte weitere chinesische Zukäufe ausländischer Industrietechnologien voraus. Dies sei Kernelement des chinesischen Regierungsprogramms "Made in China 2025". "Dieses Programm lässt sich teilweise als staatlich verordnete Einkaufsliste für chinesische Auslandsinvestoren lesen."