Berlin (Reuters) - Daimler hat die Untersuchung von Haftungsansprüchen gegen Vorstandsmitglieder wegen der Milliardenstrafe im Lkw-Kartell noch nicht abgeschlossen.
Der Aufsichtsrat habe nach eingehender Prüfung durch Experten "gegenwärtig" davon abgesehen, Schadensersatz von Vorstandsmitgliedern zu fordern, erklärte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff am Mittwoch auf der Hauptversammlung in Berlin. "Eine abschließende Entscheidung ist damit nicht getroffen", betonte Bischoff. Eine Verjährung von Haftungsansprüchen drohe in absehbarer Zeit nicht. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte, dass das oberste Management bisher nicht zur Verantwortung gezogen wurde. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass solche Verbrechen keine Konsequenzen haben", forderte DSW-Vertreter Marc Tüngler. Die DSW drängt auf eine unabhängige Sonderprüfung.
Die EU-Kommission hatte 2016 gegen die vier europäischen Lkw-Hersteller Daimler, Volvo, Iveco und DAF wegen Preisabsprachen eine Rekordstrafe von fast drei Milliarden Euro verhängt. Auf Daimler als Marktführer entfiel mit etwa einer Milliarde Euro der größte Batzen. Das Kartell bestand der EU zufolge von 1997 bis zur ersten Razzia der EU 2011. Bis 2004 hätten sich Mitglieder "der höchsten Führungsebene" am Rande von Messen oder Konferenzen abgesprochen, erklärte die EU-Kommission.
Im gesamten Zeitraum hatte die Lkw-Sparte bei Daimler vier Chefs, darunter für kurze Zeit Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche, Ex-Metro-Chef Eckhard Cordes und den als Nutzfahrzeugchef zu VW gewechselte Andreas Renschler. Wie Bischoff weiter erklärte, wurden Konsequenzen gegen verantwortliche Mitarbeiter unter der Vorstandsebene gezogen. So seien diese Personen "in Einzelfällen" versetzt, nicht befördert oder entlassen worden.