Österreichs Ölkonzern OMV drängt auf den russischen Markt
Wien (Reuters) - Der österreichische Erdöl- und Gaskonzern OMV drängt ungeachtet der politischen Spannungen auf den russischen Markt. Den neuen Firmenchef Rainer Seele ziehen vor allem die niedrigen Produktionskosten für die Ölförderung in das riesige Land. "Wir haben eine frappierende Veränderung in der Öl- und Gasbranche: Wir gehen von einem Wettbewerb des Wachstums zu einem Wettbewerb der Kosten", sagte Seele am Mittwoch bei seiner ersten Bilanzpräsentation seit der Übernahme des Chefpostens. Gerade in einer Phase mit niedrigen Ölpreisen müssen sich die Unternehmen über die Kostenpositionen definieren, fügte er an.Den Sprung nach Russland will der Wiener Konzern gemeinsam mit dem russischen Energiemonopolisten Gazprom wagen. Neben der Entwicklung einer Öl- und Gas-Lagerstätte in Sibirien will sich die OMV in einem Konsortium mit der BASF-Tochter Wintershall, E.ON und Shell am Ausbau der Gaspipeline Nord Stream beteiligen. Die zwei weiteren Stränge durch die Ostsee sollen bis zu 55 Milliarden Kubikmeter russisches Gas nach Deutschland bringen. "Wir haben Interesse daran, dass das Gas bis zum österreichischen Verteilerpunkt Baumgarten kommt und damit die Versorgungssicherheit gestärkt wird", sagte Seele. OMV und Gazprom wollen das Geschäft über einen Anteilstausch abwickeln. Die Gespräche darüber seien noch in einem frühen Stadium. "Wir machen sicher keinen Sommerschluss-Verkauf bei der OMV", betonte Seele. Details könne er noch nicht nennen. Vehement ausgeschlossen hat er einen Einstieg des russischen Energieriesen bei der OMV.SCHWIERIGE ZEITEN AM BOHRLOCH Wegen des Ölpreis-Verfalls musste OMV in der Öl- und Gasförderung im zweiten Quartal starke Belastungen hinnehmen. "Derzeit gibt es keine Aussicht auf schnelle Erholung", sagte Seele. Zudem machen dem Unternehmen Lieferausfälle in Libyen und Jemen zu schaffen. Die Förderländern stehen aufgrund anhaltender Unruhen still. Für die OMV bedeutet das hohe Einbußen, denn in Friedenszeiten bezieht sie insgesamt 40.000 Fass pro Tag aus den Ländern. Im zweiten Quartal konnte die Gesamtproduktion dennoch um ein Prozent auf 307.000 Barrel pro Tag gesteigert werden. Die Einbußen in den nordafrikanischen Ländern wurden durch höhere Mengen in der Nordsee kompensiert. Die Produktionskosten eines Bohrturms auf hoher See sind aber weit höher als etwa in Libyen, wo Öl nur so sprudelt.Trotz der Einschnitte blieb der um Lagereffekte bereinigte Betriebsgewinn im zweiten Quartal mit 375 Millionen Euro stabil. Die Einbußen durch den Ölpreisverfall machte OMV mit einem starken Raffineriegeschäft wieder wett. [ID:nL5N10L2F0] "Derjenige, der in den heutigen Zeiten auch über Raffinerien und Tankstellen verfügt, der kann diese schwierigen Zeiten einigermaßen durchstehen", betonte Seele. Im zweiten Halbjahr werde sich der Rückenwind aus dem Geschäft mit der Weiterverarbeitung von Öl zu Treibstoffen jedoch abschwächen. Der Konzern will nun weiter sparen. Ein Stellenabbau sei aber nicht geplant. Die Investitionen wurden bereits gekürzt.