Ölkonzern OMV will für Expansion nach Russland ausmisten
- von Alexandra Schwarz-Goerlich und Shadia NasrallaWien (Reuters) - Der Wiener Erdöl- und Gaskonzern OMV will auf dem Weg zu neuen Ufern Ballast abwerfen.Eine Bürde für die Firma ist etwa das an der türkischen Schwarzmeerküste liegende Gaskraftwerk Samsun, für das nach millionenschweren Abschreibungen nun auch ein Verkauf geprüft wird. "Das ist auf dem Tisch", sagte OMV-Vorstandsmitglied Manfred Leitner am Dienstagabend in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Verkaufsprozess sei noch nicht gestartet worden. "Ich kann mir aber schon vorstellen, dass es Interessenten gibt", sagte der für das Raffinerie- und Gasgeschäft zuständige Manager. Mögliche Käufer würden wohl vor allem aus der eigenen Region kommen. Die OMV muss aufgrund der stark gesunkenen Ölpreise ihre Strategie überarbeiten und hat Russland als Wachstumsmarkt für sich entdeckt. Der Fokus soll dabei auf der Suche und Förderung von Öl und Gas bleiben. Hoffnungen auf einen besonders attraktiven Kaufpreis für das strauchelnde Kraftwerk in der Türkei macht sich Leitner nicht. "Ich würde nicht vermuten, dass wir hier wesentlich mehr herausbekommen als wir investiert haben", sagte er. Für das erst 2013 fertiggestellte Kraftwerk, das nach einem Testbetrieb nun gut ein Jahr läuft, nahm das Unternehmen gut 600 Millionen Euro in die Hand. Der Buchwert liege nach jährlichen Abschreibungen und der jüngsten Wertminderung von rund 200 Millionen Euro bei etwa 300 Millionen Euro. Die OMV leidet darunter, dass nach regulatorischen Eingriffen die Gewinnmargen bei dem Kraftwerk stark geschrumpft sind. "Wir haben zwar das beste Kraftwerk in der Türkei, aber wir sind in letzter Zeit nicht sehr viel gefahren damit", sagte Leitner. Weitere Wertberichtigungen seien nicht ausgeschlossen. "In diesem Jahr würde ich es nicht sehen, aber ausschließen kann ich sie nicht in der Zukunft." OMV WILL IM ZUGE IHRER STRATEGIEÜBERPRÜFUNG AUSMISTEN Der seit Juli amtierende neue OMV-Chef Rainer Seele will rasch die Profitabilität des Unternehmens steigern und nimmt dafür nun alle Bereiche genau unter die Lupe. Ausgeschlossen hat Leitner, dass das schon in vergangenen Jahren zusammengestutzte Tankstellengeschäft weiter reduziert wird. Die OMV hat derzeit 4100 Tankstellen in elf Ländern. Anfang nächsten Jahres will die OMV die Ergebnisse ihrer Strategieüberprüfung präsentieren. Feststeht, dass die Firma auf dem russischen Markt Fuß fassen will. Vor allem die niedrigen Produktionskosten locken die Österreicher in das riesige Land. In den hochprofitablen und produktionsgünstigen Ölländern Libyen und Jemen kann derzeit aufgrund von Unruhen nicht produziert werden. Und die Produktion in der Nordsee auf den Bohrinseln im Meer ist deutlich teurer. Das noch von Seeles-Vorgänger Gerhard Roiss formulierte Produktionsziel von 400.000 Barrel verfolgt die OMV nun nicht mehr. "Wir werden in Zukunft nicht mehr losgelöste Volumenziele haben", sagte Leitner. Zuletzt produzierte die OMV 307.000 Barrel pro Tag. Für den geplanten Schritt nach Russland ist die OMV derzeit in Verhandlungen mit dem Energieriesen Gazprom. Die beiden Konzerne wollen künftig bei der Ausbeutung von Teilen des sibirischen Öl- und Gasfeldes zusammenarbeiten. Die maximale Produktion bei einem Block des Ölfeldes liegt Leitner zufolge deutlich über der in der Nordsee, wo die OMV derzeit über 40.000 Barrel pro Tag fördert. Experten schätzen die Ausbeute für die OMV aus Urengoy auf rund 60.000 Barrel. Den Produktionsstart erwartet Leitner ab 2020/21. Darüber hinaus sind die Österreicher Teil eines Konsortiums, das den Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream umsetzen will. Bei diesem Projekt sieht Leitner für die OMV eine Beteiligung im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Den Deal mit den Russen will die OMV über einen Tausch von Vermögenswerten abwickeln. Die Gespräche seien aber noch im Anfangsstadium. Die Details will die OMV im Zuge einer breiten Strategiepräsentation Anfang nächsten Jahres veröffentlichen.