Offenbach (Reuters) - Bei Siemens läuft die Protestwelle gegen den Abbau von fast 7000 Arbeitsplätzen und die Schließung mehrerer Werke an.
In Offenbach protestierten am Freitag rund 600 Mitarbeiter und Gewerkschafter gegen die Abbaupläne für die Kraftwerks-Sparte, durch die sie allein dort 700 Stellen gefährdet sehen. Siemens hatte angekündigt, die Projektabwicklung in Erlangen zu bündeln, die bisher auf Wien, Offenbach und Erlangen verteilt ist. "Es ist schon ein starkes Stück, 700 Leute einfach so auf die Straße zu stellen", sagte Tanja Scorrano, die nach eigenen Angaben seit fast 27 Jahren für Siemens arbeitet, zu Reuters TV. Offenbachs Oberbürgermeister Horst Schneider (SPD) sagte: "Dieser Standort hat immer noch eine Existenzberechtigung in diesem Weltkonzern Siemens."
Siemens bereitet sich mit dem Stellenabbau auf die erwartete Nachfrage-Flaute nach Turbinen für konventionelle Kraftwerke vor. Doch noch vor kurzem hatte die Sparte für einen Großauftrag aus Ägypten Überstunden geschoben. "Die Division macht Gewinn ohne Ende. Eine Betriebsschließung kann man nicht nachvollziehen in der jetzigen Lage", sagte Mitarbeiter Jochen Weiss. "Wir sind ausgelastet."
Siemens spricht nicht von einer Schließung in Offenbach. "Aber de facto wird das einfach von Erlangen aufgesogen werden", sagte ein IG-Metall-Sprecher. Auch Siemens-Personalchefin Janina Kugel hatte sich skeptisch gezeigt, dass viele Mitarbeiter zum Umzug an einen anderen Standort bereit seien. Das Stammwerk von Siemens im fränkischen Erlangen ist mehr als 200 Kilometer von Offenbach entfernt.
Die größte Kundgebung fand am Freitag in Berlin statt. Dort versammelten sich vor der Siemens-Zentrale in Siemensstadt nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 1200 Mitarbeiter. "Wir lassen uns von Joe Kaeser nicht den Industriestandort Berlin zerstören", sagte der Berliner IG-Metall-Bevollmächtigte Klaus Abel an die Adresse des Siemens-Chefs. In Görlitz, wo das Werk mit 720 Beschäftigten ebenso wie jenes in Leipzig geschlossen werden soll, gab es eine Mahnwache.
In Erfurt verließen einige hundert Mitarbeiter unter Pfiffen und Buhrufen eine Belegschaftsversammlung. Siemens will einen neuen Eigentümer für das Werk suchen, in dem zurzeit rund 500 Menschen arbeiten. Doch Arbeitnehmervertreter sind skeptisch, dass sich ein Käufer findet.
Die nächsten Protestaktionen sind für kommenden Donnerstag (23. November) in Berlin geplant. Die IG Metall erwartet mehr als 2500 Demonstranten vor dem Tagungshotel, in dem die jährliche Betriebsräteversammlung stattfindet. Auf dem Treffen soll auch Personalchefin Kugel auftreten.