Karlsruhe (Reuters) - Airlines haften künftig auch für Verletzungen von Passagieren beim Einstieg und Verlassen des Flugzeugs. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschieden.
Die Lufthansa wurde grundsätzlich zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld an einen Fluggast verurteilt, der bei einem Flug von Düsseldorf nach Hamburg in der sogenannten Fluggastbrücke ausrutschte und einen Knochenbruch erlitt.
Der Passagier, der nicht nur Ersatz für Heilkosten, sondern auch Erwerbsausfall und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 48.000 Euro verlangt, rutschte nach seiner Darstellung im Februar 2013 an einer nassen Stelle aus, weil sich dort Kondenswasser gebildet hatte. Seine Klage war aber vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Düsseldorf gescheitert. Die dortigen Gerichte befanden, die Fluggesellschaft hafte nur für Unfälle beim Ein- und Aussteigen, wenn diese luftfahrtspezifisch seien. Ein Ausrutschen in der Fluggastbrücke liege dagegen im Bereich des allgemeinen Lebensrisikos.
Der BGH zog jedoch den Fall an sich und ließ die Revision zu. Die Haftung wurde jetzt deutlich weiter gefasst. Denn das Ein- und Aussteigen in die gebuchte Maschine sei ausschließlich über die tunnelartige Fluggastbrücke möglich gewesen. Dass es dort nach Darstellung des Passagiers eine feuchte Stelle gegeben habe, sei ebenfalls den Temperaturunterschieden geschuldet, die es zwischen Flughafenterminal, Brücke und Flugzeug gebe.
Rechtliche Grundlage für die Haftung ist das europäische Übereinkommen von Montreal. Dort wird Schadenersatz für Körperverletzungen dem Flugunternehmen auferlegt, "wenn sich der Unfall an Bord des Flugzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat".
Der Lufthansa-Anwalt argumentierte, nur Unfälle beim unmittelbaren Ein- oder Aussteigen fielen unter die Haftung der Airlines, etwa an der Türschwelle der Maschine, wenn das Niveau zur Fluggastbrücke oder der Gangway unterschiedlich hoch sei und der Passagier deshalb stürze. Dies sah der zuständige BGH-Senat jedoch anders.
Der Fall wurde dennoch zurückverwiesen. Da die Hamburger Gerichte Schadenersatz von vornherein ausgeschlossen hatten, führten sie keine Beweisaufnahme dazu durch, ob der Unfall durch die nasse Stelle verursacht wurde. Das muss noch nachgeholt werden. (AZ: X ZR 30/15)