- von Gernot Heller
Berlin (Reuters) - Der Stahlgipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer hat die Gefahr eines Handelskrieges vorerst nicht bannen können.
Die grundlegenden Probleme von Überkapazitäten und Subventionen seien nicht wirklich angegangen worden, kritisierte der Stabschef des US-Handelsbeauftragten, Jamieson Greer, am Donnerstag nach der Konferenz in Berlin. Daher behalte sich die US-Regierung weiter vor, sich gegen Marktverzerrungen zu wehren. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries sprach von einer grundsätzlichen Verständigung der über 30 Teilnehmerstaaten auf den Abbau schädlicher Subventionen und Überkapazitäten. Konkrete Verabredungen gebe es aber nicht. China sagte zu, Werke stillzulegen. Die Volksrepublik steht in der Kritik, die Märkte mit Billig-Exporten zu fluten.
SPD-Politikerin Zypries verteidigte die Konferenz am letzten Tag der deutschen G20-Präsidentschaft dennoch als Erfolg. Allerdings sei man bei der Lösung der Stahlprobleme sicher noch nicht am Ende. Das Ringen soll nun unter argentinischer Präsidentschaft weitergehen. Zypries' Staatssekretär Matthias Machnig sagte, der Stahlgipfel habe gezeigt, "dass der kooperative Ansatz erfolgreich sein kann". Immerhin sagten auch die USA trotz ihrer Unzufriedenheit zu, weiter im sogenannten Globalen Stahlforum mitzuarbeiten.
Das jetzige Treffen war vom G20-Gipfel im Juli anberaumt worden. Damit wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel seinerzeit verhindern, dass die ohnehin schwierigen Gespräche in Hamburg durch einen weiteren Großkonflikt belastet werden. In Berlin nahmen nun allerdings nur fünf Minister teil. Die restlichen Staaten, darunter die USA und China, ließen sich durch hochrangige Beamte vertreten.
Die USA wollen im Januar auf der Basis eines Berichts von Handelsminister Wilbur Ross darüber entscheiden, ob sie weitere Strafzölle gegen ausländische Stahllieferanten verhängen. Zypries hatte im Vorfeld des Gipfels angekündigt, darauf werde Europa gegebenenfalls reagieren. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kündigte in Berlin an, die EU werde auf unfaire Wettbewerbspraktiken weiter mit Anti-Dumping-Maßnahmen antworten.
RIESIGE ÜBERKAPAZITÄTEN
Weltweit gibt es nach OECD-Daten Überkapazitäten im Stahlmarkt von rund 750 Millionen Tonnen. Allein China produzierte 2016 mehr als 800 Millionen Tonnen Rohstahl. Zum Vergleich: Weltweit wurden im vergangenen Jahr über 1,6 Milliarden Tonnen hergestellt.
Chinas Vertreter Li Chenggang verwies darauf, dass sein Land zwischen 2014 und 2016 rund 100 Millionen Tonnen an Kapazitäten stillgelegt habe. Bis 2020 sollen es rund 150 Millionen Tonnen sein. Andere Staaten fordern von Peking weitergehende Schritte. Die US-Regierung beklagt zudem, etliche Länder hätten sich am Kapazitätsabbau noch nicht beteiligt. Die Berliner Konferenz einigte sich, anfangs gegen den harten Widerstand Chinas, Subventionen auf den Prüfstand zu stellen - auch solche, die nach den Regeln der Welthandelsorganisation erlaubt sind.