Frankfurt (Reuters) - Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie sollen Ende Januar die Weichen gestellt werden.
Die IG Metall werde nach der vierten Verhandlungsrunde in den Bezirken am 26. Januar entscheiden, ob eine Einigung möglich ist oder die Streiks eskalieren. "Wir haben kein Interesse an einem langen Tarifstreit", erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann am Dienstag in Frankfurt. Doch sei die Streikkasse gut gefüllt und die Gewerkschaft in der Lage zu 24-stündigen Warnstreiks oder einem unbefristeten Streik. Am Dienstag allein legten bis zum Mittag rund 33.000 Beschäftigte vorübergehend die Arbeit nieder, um bei Kundgebungen mit roten Fahnen und Trillerpfeifen für ihre Forderungen Druck zu machen. Der Schwerpunkt lag in Baden-Württemberg, wo nach Angaben der IG Metall rund 10.000 Beschäftigte im größten Pkw-Werk von Mercedes-Benz Bänder und Büros verließen. Seit Ende der Friedenspflicht zählte die IG Metall bundesweit rund 425.000 Teilnehmer an Protestaktionen.
In Baden-Württemberg, wo schon häufig ein Pilotabschluss erzielt wurde, ringen die Tarifparteien in einer Expertengruppe seit der vergangenen Woche nahezu täglich um eine Lösung im Streit um die Arbeitszeitforderungen der IG Metall. Neben einer Lohnerhöhung von sechs Prozent will die Gewerkschaft ein individuelles Recht zu einer Arbeitszeitverkürzung auf bis zu 28 Wochenstunden durchsetzen. Bei Teilzeit zur Pflege von Angehörigen oder Betreuung junger Kinder soll es einen Teillohnausgleich von 250 Euro im Monat geben. Dies ist der größte Streitpunkt. Die Arbeitgeber lehnen den Zuschlag strikt ab und fordern mehr Möglichkeiten, Beschäftigte vorübergehend länger als 35 Stunden pro Woche arbeiten zu lassen.
Auch in Niedersachsen trennten sich die Tarifparteien ohne Ergebnis, tauschten sich aber in kleiner Runde zumindest über die Arbeitszeitfrage aus. "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es keiner Seite etwas bringt, sich weiter gegenseitig zu beschimpfen", erklärte der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Niedersachsenmetall, Volker Schmidt. Die Arbeitgeber hätten der Gewerkschaft bei den kontroversen Themen Brücken gebaut.
Sollte es zu einem Flächenstreik kommen, wäre es der erste in Westdeutschland seit 2003. Die IG Metall müsste ihren Mitgliedern dann Lohnausfälle ersetzen. "Unsere Streikkasse ist gut gefüllt", sagte Hauptkassierer Jürgen Kerner. Die Beitragseinnahmen seien im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf rund 561 Millionen Euro gestiegen. Die Gewerkschaft habe 84 Millionen an neuen Rücklagen gebildet. "Die IG Metall ist finanziell gut aufgestellt und jederzeit handlungsfähig." Wieviel Geld für Streiks in der Kasse ist, will die Gewerkschaft nicht offenbaren.
Die Mitgliederzahl sank im vergangenen Jahr gegenüber 2016 um gut 11.000 auf 2,26 Millionen. Es traten zwar rund 13.000 Personen mehr ein als aus. Doch damit konnte die Zahl der Todesfälle unter den Rentnern nicht ausgeglichen werden. Der Anteil von Akademikern, Frauen und jungen Arbeitnehmern sei gestiegen, erklärte die Zweite Vorsitzende Christiane Benner. Es habe sich bewährt, neben Auszubildenden gezielt auch Studierende als Mitglieder zu werben.