Frankfurt (Reuters) - Der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck weitet seine Zusammenarbeit mit dem Big-Data-Spezialisten Palantir aus und will sich so neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen.
Die beiden Firmen wollen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das Kunden Software zur Analyse von Daten aus der Krebsforschung anbieten soll. Merck ruft dafür eigens eine neue Tochter ins Leben, die sich zur Hälfte an dem Joint Venture beteiligen soll. Die andere Hälfte soll bei der US-Sicherheits- und Softwarefirma liegen. Die beiden Unternehmen arbeiten bereits seit Anfang 2017 zusammen, dabei setzt Merck bislang als Kunde von Palantir die Technologie der Kalifornier im Bereich der Krebstherapie und Patientenversorgung ein.
Mit dem Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Syntropy geht der Darmstädter Arzneimittelhersteller nun einen Schritt weiter: "Unsere Kunden erwerben über eine Lizenzgebühr eine Software und können damit ihre eigenen Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen aggregieren und analysierbar machen", erläuterte Merck-Chef Stefan Oschmann im Gespräch mit Reuters. Syntropy werden seinen Kunden ermöglichen, diese Daten dann auch anderen zur Verfügung zu stellen. "Aber wir erwerben die Daten nicht und verkaufen sie auch nicht", sagte Oschmann. "Wir machen Werkzeuge für Wissenschaftler, und auch Software und Datenanalyse sind Werkzeuge für Wissenschaftler." Als potenzielle Kunden hat er vor allem große Krebsforschungszentren im Blick, die Gespräche mit diesen seien bereits relativ weit.
Palantir gilt als eines der geheimnisvollsten Unternehmen im Silicon Valley. Die 2004 vom deutschen Geschäftsmann und früheren Paypal-Chef Peter Thiel mitgegründete Firma sammelt Daten und arbeitet unter anderem mit Regierungen zusammen. Palantir soll auch dazu beigetragen haben, dass die US-Armee den früheren al-Kaida-Chef Osama bin Laden aufgespürt hat. Das Unternehmen erwägt Medienberichten zufolge einen Börsengang und könnte dabei mit bis zu 41 Milliarden Dollar bewertet werden.
Nach Angaben von Palantir-Chef Alexander Karp ist Merck exkusiver Partner der Softwarefirma im Pharma-Bereich. Der Arzneimittelhersteller kann dank seines Life-Science-Geschäfts, das rund 300.000 Produkte für die Pharmaforschung anbietet, auf ein riesiges Netzwerk an Kunden aus der Wissenschaft sowie dem Biotech- und Pharmabereich zurückgreifen. Syntropy soll seinen Hauptsitz voraussichtlich in Boston haben, Angaben zum Investitionsvolumen machten die beiden Firmen nicht.
In der Pharmaindustrie buhlen Unternehmen um die Masse an Informationen, die inzwischen elektronisch verfügbar sind und damit gezielt ausgewertet werden können. Dabei holt sich die Branche schon seit längerem Unterstützung von Technologieunternehmen: So gab alleine Roche in diesem Jahr 4,3 Milliarden Dollar für den Kauf der auf Krebsdaten spezialisierten Firmen Foundation Medicine und Flatiron Health aus. Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline übernahm für 300 Millionen Dollar einen Anteil an der kalifornischen Gentest-Firma 23andMe. Die Pharmabranche erhofft sich von diesen Investitionen einen Schub in der Arzneimittelforschung und eine schnellere Entwicklung neuer Wirkstoffe.