- von Hans Seidenstuecker und Andreas Framke und Tom Sims
Frankfurt (Reuters) - Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat ihre Razzia bei der Deutschen Bank auch am Freitag fortgesetzt.
Wegen des Umfangs des Materials konnten die Durchsuchungen wegen des Verdachts der Geldwäsche im Zusammenhang mit den "Panama Papers" am Donnerstag nicht abgeschlossen werden, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt sagte. Da sich die Ermittlungen auf Vorfälle zwischen 2013 und dem laufenden Jahr beziehen, gerät auch das aktuelle Management des größten deutschen Geldhauses unter Druck. Die Aktie der Deutschen Bank setzte ihre Talfahrt fort und fiel um bis zu 3,7 Prozent auf ein Rekordtief von 7,99 Euro.
Die Ermittlungen richten sich gegen zwei Mitarbeiter im Alter von 46 und 50 Jahren sowie andere Verantwortliche des Unternehmens. Einer davon soll in der Compliance-Abteilung arbeiten, die für den Kampf gegen unlautere Geschäfte wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig ist, ein anderer in der Vermögensverwaltung, wie ein Insider sagte. Die Durchsuchung erstreckte sich auch auf Vorstandsetagen, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. Unter anderem sei das Büro von Regulierungs-Vorständin Sylvie Matherat durchsucht worden, sagte der Insider.
Matherat, die seit 2015 im Vorstand der Bank sitzt und die Kontrollmechanismen der Bank auf Vordermann bringen soll, steht nicht erst seit diesem Fall in der Kritik. Zuletzt war in einem Medienbericht über ihre vorzeitige Ablösung spekuliert worden. Erst im September hatte die Finanzaufsicht BaFin einen eigenen Aufpasser direkt im Institut installiert, weil sie mit den Vorkehrungen der Bank gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unzufrieden war - ein bis dato einmaliger Vorgang.
Die Deutsche Bank, die nach der Bewältigung zahlreicher teuerer Skandale eigentlich nach vorne schauen wollte, kämpft nun mit einem Vorgang aus der jüngsten Vergangenheit, der auch am neuen Konzernchef Christian Sewing nicht spurlos vorbeigeht. Sewing leitete vor seinem Amtsantritt im April fast drei Jahre lang das Privatkundengeschäft inklusive des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden (Wealth Management). Davor hatte er als Leiter der Konzernrevision dafür zu sorgen, dass die internen Prozesse der Bank funktionieren.
"Besonders irritierend ist, dass die Ereignisse zeitlich nicht sehr weit zurückliegen und auch in die Verantwortung heutiger Vorstandsmitglieder fallen", sagte der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick. "Es geht hier also nicht um Altlasten."
AUFSICHTSRAT TRIFFT SICH AM DIENSTAG
Der Aufsichtsrat will am Dienstag zu einer regulären Sitzung zusammenkommen. Trotz der Razzia sei bislang kein vorgezogenes Treffen eines Ausschusses absehbar, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Das könne sich aber ändern.
Am Freitag war das Polizeiaufgebot vor der Konzernzentrale an der Frankfurter Taunusanlage deutlich geringer als am Donnerstag, als dort mindestens zehn Mannschaftswagen der Bundespolizei sowie mehrere Zivilfahrzeuge mit Blaulicht zu sehen waren. Am Freitagmorgen war dort nur noch ein Polizeiwagen sichtbar. Am Donnerstag hatten rund 170 Beamte der Staatsanwaltschaft, des Bundeskriminalamts, der Steuerfahndung und der Bundespolizei die Konzernzentrale und weitere Gebäude in Frankfurt und Umgebung durchsucht.
Nach einer Auswertung des beim Bundeskriminalamts vorliegenden Datenbestandes der sogenannten "Offshore-Leaks" und "Panama Papers" habe sich der Verdacht ergeben, dass die Deutsche Bank Kunden bei der Gründung von Offshore-Gesellschaften in Steuerparadiesen behilflich war, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Dabei sollen Gelder aus Straftaten auf Konten der Deutsche Bank transferiert worden sein, ohne dass die Bank Geldwäscheverdachtsanzeigen erstattet habe. Über eine zum Konzern gehörende Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln sollen allein im Jahr 2016 über 900 Kunden betreut worden sein.
Bei den "Panama Papers" handelt es sich um vertrauliche Unterlagen, die ein internationales Recherchenetzwerk im Frühjahr 2016 aufgedeckt hatte. Darin wurde enthüllt, wie Politiker, Sportfunktionäre, Milliardäre, Prominente und Kriminelle weltweit von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen nutzen, um Steuern in ihren Heimatländern zu umgehen. Seit Sommer 2017 wertet das Bundeskriminalamt (BKA) die Dokumente aus.
FED-VIZE-CHEF WÄHREND RAZZIA BEI DER DEUTSCHEN BANK
Die Razzia beschädigt das ohnehin angeschlagene Image der Bank, die in den vergangenen Jahren wiederholt im Fokus der Ermittler stand. Ausgerechnet während der Durchsuchung am Donnerstag war Fed-Vizechef Randal Quarles zu Besuch bei Sewing, wie ein Fed-Sprecher bestätigte. Quarles, der bei der Fed für die Bankenregulierung zuständig ist, sei zu einem offiziellen Besuch in Frankfurt gewesen, um sich mit Aufsehern und Banken zu treffen, die in den USA aktiv sind. Das Treffen mit Sewing sei schon länger vereinbart gewesen und habe nichts mit der Razzia zu tun gehabt, sagte der Fed-Sprecher.
Die Deutsche Bank wollte sich am Freitag nicht zu der andauernden Durchsuchung äußern. Am Donnerstag hatte ein Banksprecher gesagt, das Institut sei der Ansicht gewesen, dass den Behörden längst alle relevanten Informationen zu den "Panama Papers" bereitgestellt worden seien. "Selbstverständlich werden wir eng mit der Staatsanwaltschaft in Frankfurt kooperieren, da auch uns daran gelegen ist, alle Verdachtsmomente aufzuklären."