München (Reuters) - Klima- und Umweltschützer fordern von Siemens einen vollständigen Rückzug aus dem Geschäft mit Kohle-, Öl- und Gas-Kraftwerken.
Der Münchner Industriekonzern müsse "aus allen fossilen Energien aussteigen", sagte Lara Eckstein von der Klimaschutzbewegung "Campact" am Dienstag in München. Campact führt eine Gruppe von Organisationen an, die am Mittwoch vor der Siemens-Hauptversammlung gegen die Beteiligung des Konzerns an einem riesigen Kohlebergwerk-Projekt im Australien protestieren wollen. Helena Marschall schloss sich für die Protestbewegung "Fridays for Future" dieser Forderung an, räumte aber ein, dass sich nicht alle Umweltgruppen darin einig seien.
Turbinen und Dienstleistungen für Gas- und Kohlekraftwerke sind das Kerngeschäft der Tochter Siemens Energy, die mehr als 80.000 Mitarbeiter beschäftigt. Sie soll - einschließlich der Beteiligung am Windkraftkonzern Siemens Gamesa - im September separat an die Börse gebracht werden.
Entzündet hatte sich der Protest gegen Siemens an einem Auftrag zur Lieferung von Signaltechnik für eine Bahnstrecke, über die Kohle von einem geplanten Bergwerk im Nordosten von Australien zum Hafen transportiert werden soll. Der Brennstoff soll in Kohlekraftwerken des Adani-Konzerns in Indien verfeuert werden. Der damit verbundene CO2-Ausstoß gefährde die Klimaziele, argumentieren die Klimaschützer. Sie gehen davon aus, dass ein Rückzug von Siemens das ganze Projekt ins Wanken bringen kann. Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser bestreitet das. "Morgen ist die letzte Chance für Siemens, sich auf die richtige Seite der Geschichte zu stellen", sagte Klimaschützerin Eckstein. "Wenn Kaeser den Vertrag nicht kündigt, wird er den Ruf dieses Traditionskonzerns endgültig zerstören."
Kaeser hat einen Ausstieg aus dem 18 Millionen Euro schweren Vertrag unter Verweis auf die möglichen finanziellen Folgen und den Ruf des Konzerns als verlässlicher Partner abgelehnt. "Das ist einfach nur feige", sagte Marschall. Die "Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer, die sich im Januar mit Kaeser getroffen hatte, werde am Mittwoch ebenfalls in München sein, aber voraussichtlich nicht auf dem Aktionärstreffen in der Olympiahalle sprechen, sagte ihre Mitstreiterin Marschall. Vor der Hauptversammlung wollen mehrere hundert Klimaschützer eine Menschenkette bilden. Auf dem Aktionärstreffen wollen nach Angaben von Campact mindestens ein Dutzend Aktivisten sprechen.