Reuters

Britische Wirtschaft legt nicht mehr so schnell zu

27.10.2015
um 13:21 Uhr

- von David Milliken

London (Reuters) - Die Konjunktur in Großbritannien hat sich im Sommer stärker abgekühlt als erwartet.

In den Monaten Juli bis September legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur noch um 0,5 Prozent zu, wie das Nationale Statistikamt ONS am Dienstag in London mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten mit einem Plus von 0,6 Prozent gerechnet, nachdem es im Frühjahr noch eine Steigerung von 0,7 Prozent gegeben hatte. Für schwächere Zahlen sorgte insbesondere eine Flaute am Bau, während der Dienstleistungssektor weiter brummt. Großbritannien, zuletzt der Wachstumsstar unter den führenden Industrieländern, dürfte Deutschland in dieser Hinsicht auch 2015 hinter sich lassen.

"Das Land bleibt ein konjunktureller Leuchtturm in Europa", sagte NordLB-Ökonom Stefan Große. Manche Skeptiker hatten befürchtet, dass die Schockwellen des Börsenbebens in China vom Sommer auch die Wirtschaft des EU-Staates mit dem wichtigen Finanzstandort London stärker in Mitleidenschaft ziehen würden. Doch der Service-Bereich, zu dem auch die Geldhäuser gehören, legte um 0,7 Prozent zu. Das ist das dickste Plus seit Ende 2014.

Die Industrie hinkte hinterher, stellte aber noch 0,3 Prozent mehr her als im Vorquartal. Dabei wirkte sich eine Steigerung der Ölproduktion positiv aus, da es im Sommer weniger Förderstopps wegen Wartungsarbeiten gab. Dennoch setzt der Preisverfall des Schwarzen Goldes Branchenriesen wie etwa BP zu: Bereits zum dritten Mal kürzte der britische Konzern in diesem Jahr seine Investitionspläne für 2015. Zudem sind für 2016 weitere Verkäufe von Geschäftsbereichen im Volumen von drei bis fünf Milliarden Dollar geplant.

SCHLECHTES WETTER SETZT BAUWIRTSCHAFT ZU

Die größte negative Überraschung in den BIP-Zahlen für das dritte Quartal lieferte der Bausektor: Er schrumpfte um 2,2 Prozent - der stärkste Konjunktureinbruch in diesem Sektor seit drei Jahren. Nach Einschätzung der Statistiker hat wohl insbesondere der verregnete August das Geschäft der Baufirmen getrübt.

Die jüngste Konjunkturabkühlung dürfte Anhängern einer lockeren Geldpolitik in der Notenbank Argumente an die Hand geben, eine Zinserhöhung weiter hinauszuzögern. Die Bank of England hatte den Leitzins zuletzt auf dem historischen Tief von 0,5 Prozent belassen. In einer Reuters-Umfrage rechnen Experten damit, dass sich daran erst im zweiten Quartal 2016 etwas ändern wird - so auch Ökonom Howard Archer vom Forschungsinstitut IHS Global Insight: "Die Wirtschaft wird ihre kleine Schwächephase vom dritten Quartal überwinden." Laut Prognose des Internationalen Währungsfonds wird das britische BIP dieses Jahr um 2,5 Prozent zulegen. Das ist ein voller Prozentpunkt mehr als der Fonds der deutschen Wirtschaft vorhergesagt.

BP PLC DL-,25

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