Frankfurt (Reuters) - Die Corona-Krise führt womöglich zu einem schnelleren Ende der Lufthansa-Tochtergesellschaft Germanwings als geplant.
Auf den Vorwurf der Gewerkschaften, die Airline schließen zu wollen statt Kurzarbeit zu vereinbaren, sagte ein Lufthansa-Sprecher am Freitag: "Es gibt keine Vereinbarung zu Kurzarbeit. Der Vorstand prüft weitere Optionen zeitnah." Die Gewerkschaften der Piloten und Flugbegleiter, Vereinigung Cockpit (VC) und UFO, hatten Vereinbarungen zur Kurzarbeit für die rund 1400 Beschäftigten mit der Germanwings-Geschäftsführung bereits ausgehandelt. Die Lufthansa machte davon mit Verweis auf die kritische wirtschaftliche Situation einen Rückzieher, kurz nachdem die VC die Einigung bekannt gegeben hatte. "Ohnehin wird die Zukunft der Germanwings immer fraglicher", ergänzte das Unternehmen.
Die Gewerkschaften kritisierten das Vorgehen scharf. Der Konzernvorstand nutze die schwere Krise der Luftfahrt, um strukturelle Veränderungen durchzudrücken, erklärte VC-Chef Markus Wahl. "Jetzt ist es an der Zeit, Arbeitsplätze zu sichern und nicht den Konzernumbau zu forcieren." UFO-Verhandlungsführer Nicoley Baublies warf der Lufthansa vor: "Hier wird die Krise eiskalt genutzt, um Mitarbeitern zu drohen, deren Unternehmen strategisch nicht mehr gewollt wird." Der Konzern solle auf die Schließung von Germanwings verzichten.
Hintergrund des Streits sind die seit Mitte letzten Jahres bekannten Pläne der Lufthansa, die damals vier Geschäftseinheiten von Eurowings auf nur noch eine zu reduzieren, um die defizitäre Billigflugtochter profitabel zu machen. Germanwings sollte im Zuge dessen geschlossen werden, die Beschäftigten bei Eurowings oder anderswo im Konzern unterkommen. Das sei über längere Zeit geplant gewesen, hieß es in Unternehmenskreisen. Durch die drastischen Folgen der Corona-Pandemie für den Luftfahrtkonzern beschleunige sich der Prozess. Germanwings hat noch 30 Flugzeuge im Einsatz und fliegt ausschließlich für Eurowings.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte Mitte März erklärt, möglichst alle Mitarbeiter trotz des Geschäftseinbruchs in der Corona-Krise an Bord halten zu wollen. Zugleich geht er davon aus, dass die Lufthansa nach der Krise nicht mehr in alter Stärke abheben können wird. Das Personal zu halten, werde nur gelingen mit "innovativen Ideen" wie Teilzeitarbeit für ganze Beschäftigtengruppen, sagte er kürzlich dem "Spiegel". Mehr als 90.000 der rund 138.000 Beschäftigten gehen mittlerweile in Kurzarbeit, erstmals auch die Piloten der Kernmarke Lufthansa. Etwa 95 Prozent der Passagierflüge der Gruppe sind gestrichen.