Berlin (Reuters) - Die mit neun Milliarden Euro vom Staat gerettete Lufthansa hat ihre Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi abgebrochen und droht mit Kündigungen beim Bodenpersonal.
Die mit den Folgen der Corona-Pandemie kämpfende Airline hält die von der Gewerkschaft angebotenen Einsparungen bei den Personalkosten für zu niedrig. Deshalb habe man die Gespräche mit Verdi nach 20 Runden abgebrochen, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Lufthansa werde erst dann an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn Verdi deutlich höhere Einsparungen als bisher anbiete: "Ohne einen signifikanten Beitrag der Gewerkschaft sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen nicht länger zu vermeiden."
Die Gewerkschaft kritisierte dies heftig. "Die Verweigerungshaltung ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Angesichts der akuten Dringlichkeit hätten die rund 24.000 Beschäftigten des Bodenpersonals - ohne die Mitarbeiter des Caterers LSG - Einsparungen von rund 600 Millionen Euro angeboten. Nach Lesart der Lufthansa entspricht dies nur acht Prozent der Personalkosten über dreieinhalb Jahre. Nötig seien 20 Prozent, betonte die Airline. Dafür biete der Konzern den Verzicht betriebsbedingter Kündigungen für die Zeit der Krise. Verdi dürfte auch Zugeständnisse nicht an "Einschränkungen von Portfoliomaßnahmen knüpfen". Verdi kritisiert etwa den geplanten LSG-Verkauf oder von Teilen der Technik-Sparte. Ein Spitzengespräch noch am Donnerstagabend soll helfen, die Wogen zu glätten.
Um die Airline nach dem beinahe zum Erliegen gekommenen Flugbetriebs wieder auf Kurs zu bringen und Kosten zu senken, will das Management um Konzernchef Carsten Spohr allen Beschäftigten einen Sparbeitrag abringen. Die Lufthansa sieht wegen der gesunkenen Nachfrage für die Zukunft einen rechnerischen Personalüberhang von 22.000 Vollzeitstellen. Rund die Hälfte davon soll in Deutschland abgebaut werden.
VERDI -LUFTHANSA TREIBT PERSONAL AN RAND VOM EXISTENZMINIMUM
Verdi warf Lufthansa vor, mit den geforderten Einkommenseinbußen Teile der Belegschaft "an den Rand des Existenzminimums" zu treiben - "ohne im Gegenzug Garantien zum Beschäftigungsschutz oder zu Maßnahmen eines sozialverträglichen Arbeitsplatzabbaus zu geben". Behle betonte: "Das ist für die Beschäftigten nicht verkraftbar." "Die Bundesregierung ist nun am Zug, ihren Einfluss auf das Unternehmen zum Schutz von Beschäftigung und dem Erhalt der deutschen Infrastruktur im Luftverkehr geltend zu machen." Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte allerdings zuletzt gesagt, der Staat werde möglichen Entlassungen nicht im Wege stehen. "Wenn der Vorstand zu dem Ergebnis kommt, dass Entlassungen unumgänglich sind, ist es Aufgabe der Sozialpartner, hierüber verantwortungsvoll zu verhandeln." Er sehe keinen Sinn darin, dass Beamte entschieden, welche Restrukturierungsmaßnahmen richtig oder falsch seien.
Indes dauern die Verhandlungen der Fluglinie mit ihren Piloten noch an. Für das Kabinenpersonal hatte die Lufthansa bereits Ende Juni einen Krisentarifvertrag abgeschlossen. Doch die Gewerkschaft UFO fordert Klarheit zu Abfindungen und Kurzarbeitergeld ab September. UFO rief seine Mitglieder dazu auf, in der Urabstimmung, die bis Freitag um Mitternacht läuft, dem Krisenpaket zuzustimmen. Scheitert die Abstimmung, müssten die Gespräche von Neuem beginnen oder die Lufthansa könnte ihrerseits die Geduld verlieren und betriebsbedingte Kündigungen aussprechen.