Berlin (Reuters) - Der milliardenschwere Wirecard-Bilanzskandal hätte nach Einschätzung mehrerer Parteien im Bundestag deutlich früher auffliegen können.
Die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU habe bereits Anfang 2019 zwei "werthaltige Meldungen" an das Landeskriminalamt Bayern übermittelt, sagte der Wirecard-Experte der SPD im Bundestag, Jens Zimmermann, am Dienstag in Berlin unter Verweis auf Aussagen bei der Sondersitzung des Finanzausschusses am Montagabend. Dabei sei es auch um Vorstände des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers aus dem Münchner Umland gegangen, die an merkwürdigen Transaktionen beteiligt gewesen seien. "Die viel gescholtene Einheit des Zolls hat 2019 offenbar die heiße Spur auf diesen Fall gehabt." Die Hinweise seien dann aber versandet und nicht weiterverfolgt worden von der Staatsanwaltschaft in Bayern.
Zimmermann ergänzte, die bayerische Regierung habe am Montag nicht zur Aufklärung beigetragen, keinen Minister in den Ausschuss geschickt, sondern nur einen Abteilungsleiter. "Das ist natürlich auch eine Taktik."
Die FIU ist beim Zoll angesiedelt. Sie analysiert Geldwäsche-Verdachtsfälle und leitet sie an Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise Steuer- und Verwaltungsbehörden weiter, sofern Hinweise auf Straftaten bestehen.
Auch der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar kritisierte die bayrische Landesregierung. Spätestens seit der Wirecard-Insolvenz fühle sich Bayern nicht mehr zuständig für die Geldwäscheaufsicht des Unternehmens. Wenn die Hinweise 2019 ernst genommen worden wären, hätte es wohl früher Zweifel an den Hauptakteuren gegeben. Die Ermittlungen seien aber schnell eingestellt worden. "Deswegen ist Wirecard gestern auch ein Stück weit mehr nach Bayern gerückt."