Frankfurt (Reuters) - Die Lufthansa will trotz des für sie wegen Staatshilfe geltenden Übernahmeverbots bei einer Neuordnung des Luftverkehrsmarktes durch die Corona-Krise nicht leer ausgehen.
"Mittel- bis langfristig wollen wir auch weiterhin aktiver Treiber der Konsolidierung sein", sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit Reuters. Der Zukauf von Geschäften sei hier nicht der einzige Weg. "Ich denke zum Beispiel an Partnerschaften und Joint Ventures im Vertrieb und bei den Airlines. Das Thema bleibt weiter auf der Agenda – trotz der Krise", ergänzte der für das Geschäft der Netzwerk-Airlines Lufthansa, Swiss, Brussels und Austrian Airlines verantwortliche Manager.
In ihrem Portfolio will die Lufthansa zum Beispiel schon länger Lücken in Lateinamerika schließen. Im Frühjahr gab es Medienberichte über einen Einstieg oder eine Übernahme der staatlichen portugiesischen Fluggesellschaft TAP, die Flüge in diese Region anbietet. Doch Übernahmen sind der Lufthansa wegen der milliardenschweren Kapitalhilfe von Deutschland, mit der sie in der Corona-Krise gestützt wird, nicht erlaubt. Denn für Kapitalspritzen gilt im Unterschied zu Krediten vom Staat als beihilferechtliche Auflage ein Verbot von Firmenkäufen, damit sich die Airline mithilfe von Staatsgeldern keinen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Bis zur Rückzahlung, also mindestens bis 2023, sind der Lufthansa die Hände gebunden. Doch von der Corona-Krise hart getroffene kleinere Airlines könnten bis dahin bei großen Konkurrenten unterschlüpfen, und der Markt so teilweise neu aufgeteilt werden.
Eine weitere Vorschrift der EU-Wettbewerbshüter wird Hohmeister zufolge im Konzern kontrovers diskutiert: das Verbot, an Manager Boni auszuzahlen, bis mindestens drei Viertel der staatlichen Kapitalspritze zurückbezahlt sind. "Für viele Führungskräfte sinkt die Vergütung um bis zu 40 Prozent. Da mache ich mir schon Gedanken, wie wir die besten Kolleginnen und Kollegen halten können in einer Krise, die wir nicht verursacht haben, die aber dramatische Folgen für die ganze Branche hat", sagte der Lufthansa-Manager. Das "Manager Magazin" berichtete, die Konzernführung erwäge eine Lösung, nach der Ansprüche in den Krisenjahren gesammelt, aber erst später ausgezahlt würden. Das dürfte aber in der Bundesregierung und bei Gewerkschaften auf Widerstand stoßen, da die Lufthansa wegen der Krise rund 27.000 ihrer knapp 130.000 Stellen streichen will. Zu dem Bericht äußerte sich die Lufthansa nicht.