Berlin (Reuters) - Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal hat zwei Vertreter des Abschlussprüfers EY mit Bußgeldern belegt.
Nach Angaben von Teilnehmern verhängte das Sondergremium des Bundestages jeweils 1000 Euro, weil die beiden EY-Mitarbeiter nicht konkret zum Fall aussagen wollten, sondern nur allgemeine Angaben machten. Ernst & Young (EY) steht in der Kritik, weil das Unternehmen jahrelange die Bilanzen von Wirecard testiert hat.
Der Ausschussvorsitzende Kay Gottschalk hatte im Vorfeld der Sitzung bereits mit einem "symbolischen Ordnungsgeld" gegen EY gedroht. Der Fall dürfte nun vor den Bundesgerichtshof gehen, der für Untersuchungsausschüsse zuständig ist. Der BGH soll dann entscheiden, bei welchen Fragen Zeugen von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen dürfen und bei welchen nicht. Experten rechnen in den nächsten Monaten mit einer Klärung. Dann dürften viele Zeugen, die im Bundestag bisher weitgehend schwiegen, erneut vorgeladen werden - darunter auch Ex-Wirecard-Chef Markus Braun.
Die SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe sprach von einem "Versteckspiel hinter einer angeblichen Verschwiegenheitspflicht", obwohl der Wirecard-Insolvenzverwalter wie auch der aktuelle Vorstand und Aufsichtsrat die EY-Vertreter davon entbunden hätten. Das ändere nichts an der strengen internen und gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht, argumentierten die EY-Vertreter in der Sitzung, die bis in die Nacht zum Freitag andauerte.
Am Donnerstag hatte bereits der Wirecard-Sonderprüfer KPMG im U-Ausschuss ausgesagt. Demnach hat der Zahlungsabwickler aus Aschheim bei München die Arbeit massiv erschwert - Dokumente zurückgehalten und Interviews immer wieder verschoben. "Wir wollten die Daten analysieren, konnten es aber nicht", sagte KPMG-Mitarbeiter Alexander Geschonneck. Der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz sagte, eklatante Defizite seien offengelegt worden. "Für die Abschlussprüfer von EY sind die Aussagen von Herrn Geschonnek über fehlende Nachweise von zentralen Kundenbeziehungen, Umsätzen und Kontonachweisen ein desaströses Zeugnis." Jens Zimmermann von der SPD ergänzte, bei einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung wäre der Skandal früher aufgeflogen.
Wirecard kollabierte im Juni 2020, obwohl seit Jahren in Medien Vorwürfe wegen Bilanzungereimtheiten kursierten. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Ex-Chef Braun und weiteren Wirecard-Managern gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Das Unternehmen soll sich jahrelang schöngerechnet und damit Anlegern und Banken Milliardenschäden zugefügt haben.