München (Reuters) - Die Bundesregierung bekennt sich mit ihrem Einstieg beim bayerischen Rüstungszulieferer Hensoldt so offen wie selten zur strategischen Bedeutung von Militärtechnologie für Deutschland und die Bundeswehr.
Es gehe darum, bei dem Lieferanten von Radar- und Verschlüsselungstechnik "ungewollte strukturelle Entscheidungen abzuwehren", begründete das Bundesverteidigungsministerium die Übernahme eines Aktienpakets von 25,1 Prozent vom US-Finanzinvestor KKR. Damit habe man "einen erheblichen Einfluss", auch wenn ein Konkurrent bei Hensoldt einsteigen würde. Mit der Beteiligung sichert sich der Bund zudem bis zu drei Sitze im Aufsichtsrat von Hensoldt, wie ein Sprecher am Donnerstag bestätigte.
"Die Gewährleistung der sicherheits- und verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologien ist von besonderem nationalen Interesse", erklärte das Ministerium. Der Bund folgt damit seinem eigenen Strategiepapier vom Februar. Das Unternehmen aus Taufkirchen bei München baut Radarsysteme für den Eurofighter, Hightech-Kameras für Tornado-Flugzeuge sowie Panzer-Periskope. Analysten hatten erklärt, der Rüstungskonzern könnte etwa ins Visier der französischen Thales oder der italienischen Leonardo geraten. "Die Weiterentwicklung der sensitiven Aktivitäten von Hensoldt und ihre Verfügbarkeit für die zivilen Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und die Bundeswehr" dürfe nicht gefährdet werden, betonte das Verteidigungsministerium. Die Kaufoption für die Sperrminorität, die der Bund vor dem Börsengang von Hensoldt ausgehandelt hatte, wäre zum Jahresende ausgelaufen.
Der Preis von 450 Millionen Euro - das sind 17,07 Euro je Aktie - liegt 42 Prozent über dem Ausgabepreis beim Börsengang und 18 Prozent über dem Börsenkurs vom Donnerstag. Insgesamt wird Hensoldt damit mit fast 1,8 Milliarden Euro bewertet. Und KKR kann einen großen Schritt zum Ausstieg bei Hensoldt machen: Die Beteiligung der Amerikaner sinkt auf 43 von 68 Prozent.
Mit dem Einstieg hat der Bund das Recht, zwei Aufsichtsräte ohne Absprache mit KKR zu bestimmen. Bisher werden dem Bund in dem Gremium der Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, Ex-Botschafter Wolfgang Ischinger, und die Finanzchefin des Autozulieferers Leoni, Ingrid Jägering, zugerechnet. Reduziert KKR seinen Anteil auf weniger als 25 Prozent, steht dem Bund der Vereinbarung zufolge ein drittes Mandat zu. KKR stellt bisher mit Johannes Huth den Aufsichtsratschef und zwei weitere Mitglieder.