München (Reuters) - Der Frauenanteil in den Vorständen deutscher Großkonzerne macht einer Studie zufolge nur langsam Fortschritte.
Von 681 Vorstandsmitgliedern in den 160 wichtigsten börsennotierten Unternehmen seien nur 78 weiblich, berichtete die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY am Montag, das seien acht mehr als vor einem Jahr. Die Frauenquote bei den Dax-, MDax- und SDax-Firmen steigt damit auf 11,5 (2019: 10,2) Prozent. Nur sechs der Unternehmen hätten aber eine Frau an der Spitze. Am 1. Mai übernimmt beim Pharmakonzern Merck Belén Garijo als erste Frau den alleinigen Chef-Posten bei einem der 30 Dax-Konzerne. Bei SAP hatte im vergangenen Jahr Jennifer Morgan schon nach kurzer Zeit als Co-Vorstandschefin das Handtuch geworfen.
Doch die Karrierechancen weiblicher Top-Manager dürften sich mit der kürzlich beschlossenen Frauenquote rasch verbessern. Die Bundesregierung hat zu Jahresbeginn eine Frauenquote für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen auf den Weg gebracht. Sofern ihr Vorstand mindestens aus vier Mitgliedern besteht, muss eines davon weiblich sein. Davon sind nach Angaben der Regierung rund 70 Großkonzerne betroffen. Im Dax sind laut EY immerhin 15,7 Prozent der Vorstände Frauen, im MDax sind es 11,2 und im SDax nur 8,6 Prozent. Nur 23 Prozent der Dax-Vorstände sind noch reine Männerrunden, dagegen haben 63 Prozent der MDax-Firmen keine einzige Frau im Vorstand, im SDax sogar 73 Prozent.
"Man kann zur derzeit im Gesetzesverfahren befindlichen Quote stehen, wie man will - aber wir können davon augehen, dass sie den Anteil von Frauen im Vorstand in kurzer Zeit signifikant steigern wird", sagte Markus Heinen, der bei EY für die Beratung in Personalfragen verantwortlich ist. Wüchse der Frauenanteil so wie bisher, würde es 30 Jahre dauern, bis die Hälfte der Vorstandspositionen mit Frauen besetzt sei. Heinen erhofft sich eine Signalwirkung: "Es spricht auch nicht für die Kultur in einem Unternehmen, wenn Frauen es offensichtlich schwer haben, in verantwortliche Positionen zu kommen."
Europaweit liegt Deutschland bei der Förderung von Frauen in Führungspositionen laut der Brüsseler Initiative "European Woman on Boards" nur im unteren Mittelfeld. In dem vom Marktforscher Kantar für 18 europäische Länder berechneten "Gender Diversity Index" liegen Norwegen, Frankreich, Großbritannien, Finnland und Schweden vorn, in Polen und Tschechien sind Vorstände und Aufsichtsräte am stärksten von Männern dominiert. 34 Prozent der Aufsichtsratsmandate der 668 untersuchten Firmen sind von Frauen besetzt, aber nur 17 Prozent der Vorstandsposten. 42 Konzerne - das sind sechs Prozent - haben eine Vorstandschefin (CEO), 2019 waren es aber erst 28. Frauen machten immerhin 35 Prozent aller Neuberufungen in Vorstände und Aufsichtsräte aus, dagegen waren von den ausscheidenden Top-Managern nur 24 Prozent weiblich.